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GRUNDKURS I : Einführung in die Sprachwissenschaft 21. 12. 93

Dozentin: Barbara Stiebels

Referat: Semantik II

Jürgen Kleff

Logik und Satzbedeutung

1. Thematische Bedeutung

wird bestimmt durch die Art und Weise, in der das Thema einer Äußerung präsentiert wird.

z. B.:

"Ich habe das Buch nicht gelesen."
"Das Buch habe ich nicht gelesen."
"Dieses Buch wurde von mir nicht gelesen."

haben gleiche propositionale Bedeutung (Wahrheitswerte), aber unterschiedliche thematische Bedeutung.

Die Fähigkeit, sowohl mit grammatischen Strukturen, als auch mit Intonationen umgehen zu können, hängt von der sprachlichen Kompetenz ab.

Also können

1) Sprachliche Kompetenz beschränkt sich auf Wissen um Satzstrukturen

und

2) Alle Aspekte von Satzstrukturen werden durch Wahrheitsbedingungen beschrieben

nicht gleichzeitig gelten.

2. Einfache und zusammengesetzte Sätze

Einfache S              - ein clause
Zusammengesetzte S      - compound      - zwei oder mehr clauses
			- complex       - ein clause und mind. ein untergeordneter clause

Logik unterscheidet nicht zwischen compound und complex:

W( p op q ) = f ( W(p), op, W(q) )

p    q       p & q       p v q   p -> q       - p
w   w        w       w       w       f
w       f        f       w       f       f
f       w        f       w       w       w
f       f        f       f       w       w

3. "und" ( & ):

in Logik gilt p & q = q & p. Aber:

"John verpaßte den Zug und kam zu spät."

und

"John kam zu spät und verpaßte den den Zug."

haben unterschiedliche Wahrheitswerte.

"Sie war arm und sie war ehrlich."
"Sie war arm, aber sie war ehrlich."
"Obwohl sie arm war, war sie ehrlich."

werden in Logik alle mit & ausgedrückt, obwohl sie Unterschiedliches aussagen.

4. "oder" ( v ):

Inklusiv - "p oder q" nur f, wenn p und q beide f sind

Exklusiv - "p oder q" auch f, wenn p und q beide w sind (entweder-oder)

Betonen von "oder": Betonen der Wahlmöglichkeiten

5. "wenn-dann" Implikation ( -> ):

Aus Falschem folgt Beliebiges.

a) "Wenn der Mond aus Käse ist, regnet es."
b) "Wenn er die Prüfung schafft, kriegt er ein Auto geschenkt."

Wirkt in natürlichen Sprachen paradox, weil:

in a) der kausale Zusammenhang fehlt,
in b) der Satz auch wahr ist, wenn er die Prüfung nicht schafft.
Pragmatik:

"Wenn er die Prüfung schafft, bin ich der Kaiser von China."

Da ich nicht der Kaiser von China bin, folgert der Hörer, daß er die Prüfung nicht schafft, auch ohne kausale Zusammenhänge zu sehen.

6. Negation ( - ):

Rekursiv: Zwei mal minus gibt plus. Aber:

"I haven't done nothing." =? "I have done something"

Negation des Prädikats bewirkt Negation der Proposition. Aber:

"John is unfriendly" <> "John is not friendly"

Negation nominaler Ausdrücke ändert die Proposition anders, als wenn das Prädikat negiert wird. Dieser Unterschied ist in der Logik nicht formalisierbar.

"Studenten zahlen nicht den vollen Preis." <> "Nicht-Studenten zahlen den vollen Preis."

Negation unbestimmter Pronomen: Negation des Prädikats wirkt anders.

"Jemand hat telefoniert und jemand hat nicht telefoniert."
"Jemand hat telefoniert und niemand hat telefoniert."

Unterschied in der logischen Form erklärbar durch unterschiedliche existentielle Präsupposition bei "Niemand" und "John".

Problem im Engl. mit "some", "any":

"He saw no one." =? "He didn't see anyone."

Da in natürlichen Sprachen keine Klammern gesetzt werden, ergibt sich das Problem der Reichweite der Negation, sogar bis in Nebensätze hinein:

"John did not kiss Mary because she was his sister."

In Modallogik: Bei Notwendigkeitsoperator problemlos:

"Der Himmel ist nicht notwendigerweise blau." formal: - N p
"Notwendigerweise ist der Himmel nicht blau." formal: N - p

Aber bei Möglichkeitsoperator:

"He may not come."
formal: a) M - p
oder b) - M p

Der Unterschied zwischen Behauptung einer negativen/positiven Proposition und der Verneinung einer positiven/negativen Proposition läßt sich nicht formalisieren.

"Ich sage, daß es nicht regnet." <> "Ich verneine, daß es regnet."

7. Satztyp und Modus

Satztyp: Deklarativs., Interrogativs., Exclamativs., ...

Modus: Imperativ, Indikativ, Konditional, ...

G. FREGE: "Die Tür ist auf." und "Ist die Tür auf?" haben die gleiche propositionale Komponente, aber unterschiedliche nicht-propositionale Komponente.