Studierende: Allgemeine Materialien


Begriffswörterbuch Semantik


© 2015 Sebastian Löbner

 

Das Begriffswörterbuch besteht aus kurzen Definitionen von ungefähr 400 Fachbegriffen, die in ‚Semantik. Eine Einführung‘ verwendet werden; die Begriffe sind untereinander verlinkt. Das Wörterbuch enthält die Schlüsselbegriffe, die auf den Materialseiten zu den einzelnen Kapiteln aufgelistet sind. Die Definitionen entsprechen der Verwendungsweise, in der die Begriffe in dem Buch definiert und verwendet werden; andere Autoren benutzen die Begriffe teilweise anders; im Großen und Ganzen entspricht die Verwendung aber dem Mainstream. Zu den Stichwörtern sind in Klammern die englischen Entsprechungen angegeben, wie sie in ‚Understanding Semantics‘ verwendet werden. Diese Seite enthält keine Verweise auf das Buch selbst. Benutzen Sie dafür bitte den Index im Buch.

 

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abgestufte Struktur (graded structure). Eine kognitive Kategorie hat eine abgestufte Struktur, wenn für sie Grade der Mitgliedschaft zwischen Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit gelten. Nach der Prototypentheorie können Kategorien generell eine abgestufte Struktur haben, was dann bedeutet, dass die Zugehörigkeit zu der Kategorie keine Ja-oder-Nein-Frage ist. Nach dem klassischen NHB-Modell können Kategorien keine abgestufte Struktur haben.

Ableitung siehe Derivation.

Accomplishmentausdruck (accomplishment term). Eine aspektuelle Klasse von Verben oder VPs. Accomplishmentausdrücke beschreiben eine Situation als Aktivität oder Prozess, der in einem bestimmten Ergebnis kulminiert. Beispiele: einen Brief schreiben, zum Bahnhof fahren, schmelzen. Accomplishmentausdrücke können im Progressiv verwendet werden und erlauben Zeitbedarfsangaben, aber keine Zeitdauer- oder Zeitpunktangaben.

Achievementausdruck (achievement term). Eine aspektuelle Klasse von Verben oder VPs. Achievementausdrücke beschreiben eine Situation als die Kulmination einer Aktivität (Activity) oder eines Prozesses. Beispiele: ankommen [an einem Ort], beenden. Der vorangehende Prozess bzw. die Aktivität ist nicht Teil der Situation, auf die referiert wird, sondern wird präsupponiert. Achievementausdrücke sind eine Unterklasse der einfachen Wechselausdrücke. Sie können nicht im Progressiv verwendet werden und erlauben Zeitbedarfs- und Zeitpunktangaben, aber keine Zeitdauerangaben.

Activityausdruck (activity term). Eine aspektuelle Klasse von Verben oder VPs. Activityausdrücke beschreiben eine Situation als gleichförmige Handlung eines Agens. Sie sind eine Unterklasse der Prozessausdrücke. Activityausdrücke beinhalten keine Kulmination. Sie können im Progressiv verwendet werden und erlauben Zeitdauerangaben, aber keine Zeitbedarfs- oder Zeitpunktangaben. Beispiele: laufen, arbeiten.

Adjektiv (adjective). Syntaktische Kategorie von Inhaltswörter, neben Nomen und Verben. Die meisten Adjektive sind Prädikatsausdrücke. Sie können attributiv (das schnelle Auto), prädikativ (das Auto ist schnell) oder adverbiell (das Auto fährt schnell) gebraucht werden. Typische Adjektive sind skalar: Sie bezeichnen einen Wert auf einer Eigenschaftsskala (zum Beispiel Größe, Geschwindigkeit usw.) und können grammatisch gesteigert werden (Komparativ schneller, Superlativ schnellster). Die meisten Adjektive sind einstellig (schnell, gut), manche zweistellig (stolz auf, zufrieden mit); der Komparativ führt ein weiteres Argument ein. Adjektive haben kein referenzielles Argument, sie referieren nicht. Bei attributivem Gebrauch prädizieren sie über den Referenten des Nomens, bei prädikativem über das Subjekt der Konstruktion. Nicht alle Adjektive sind Prädikatsausdrücke; zum Beispiel drücken die Adjektive in städtischer Kindergarten, früherer Feuerwehrmann oder angeblicher Fachmann keine Eigenschaften des Referenten der NP aus.

Adjunkt (adjunct). Die Spezifikation eines optionalen Arguments eines Prädikatsausdrucks, meist mittels einer Präpositionalphrase oder ähnlicher Ausdrücke. Beispiele: die Angabe eines Ortes, an dem ein Ereignis stattfindet, oder eines Instruments: sie schrieb den Brief im Bett; sie schrieb den Brief mit Bleistift.

Affix (affix). Ein Typ von Morphem: bedeutungstragender Teil eines Wortes, der an einen Stamm angefügt ist. Präfixe gehen dem Stamm voraus, Suffixe folgen ihm. Affixe spielen eine Rolle in der Flexion (zum Beispiel wird das Suffix -t im Deutschen bei schwachen Verben an den Stamm angefügt (sag-t-), um die Präteritumform zu bilden) und in der Derivation, zum Beispiel das Präfix un- zur Bildung eines entgegengesetzten Adjektivs: un-gefährlich.

Affordanz (affordance). Eigenschaft eines Gegenstandes, sich für eine bestimmte Art von Handlung zu eignen; zum Beispiel die Eigenschaft von Büchern, dass sie zum Lesen sind, von Stühlen zum darauf Sitzen.

Agens (agent). Eine thematische Rolle. Der Agens führt die ausgedrückte Handlung aus und kontrolliert die Situation. Wenn ein Verb ein Agensargument hat und im Aktiv verwendet wird, wird der Agens durch das Subjekt spezifiziert. Beispiele: die Rolle, die das Subjekt von Verben wie arbeiten, sagen, schlagen oder stellen spezifiziert.

ÄK siehe Äußerungskontext

Akkommodation (accommodation). Anpassung des Kontexts für die Erfordernisse erfolgreicher Kommunikation; insbesondere Ergänzung erforderlicher Präsuppositionen.

Aktionsart (eng. aktionsart, plural aktionsarten). Ein älterer Ausdruck für aspektuelle Klasse, besonders in der Slawistik üblich.

Aktiv (active voice). Eine Verwendungsform von Verben, im Allgemeinen die normale Verwendung. Ein Agens wird als Subjekt realisiert, ein Thema oder Patiens als direktes Objekt; das Verb ist in der Aktivform. Beispiel: ich schreibe einen Brief [Aktiv] vs. ein Brief wird geschrieben [Passiv].

Alienabilität (alienability). Ein Begriff zur Unterscheidung von Typen der Possession. Alienable Possession ist Possession von Dingen, die ein Possessor ‚besitzen‘ könnte oder auch nicht, zum Beispiel in mein Buch: zu einem Sprecher gehören nicht notwendig Bücher. Inalienable Possession beruht auf einer festen Relation zwischen Possessor und dem ‚Besitztum‘; eine solche Relation besteht zum Beispiel zwischen einer Person und ihren Körperteilen oder Verwandten (mein Arm, mein Sohn drücken Fälle von inalienabler Possession aus). Bei inalienabler Possession wird das ‚Besitztum‘ durch ein relationales oder funktionales Nomen spezifiziert, mit dem auch die Relation zum Possessor semantisch gegeben ist. Dagegen wird bei alienabler Possession für das Besitztum ein nichtrelationales Nomen verwendet, und die Beziehung zum Possessor muss aus dem Kontext erschlossen werden.

Alternation (alternation). Veränderung der Argumentstruktur und der grammatischen Verwendung eines Verbs. Zu den Alternationen werden Diathesen wie Passiv gerechnet und eine große Zahl anderer Variationen wie zum Beispiel er belud den Wagen mit Brettern vs. er lud Bretter auf den Wagen, Klaus heiratet Magda vs. Klaus und Magda heiraten. Zu bestimmten Alternationen siehe Kausativ, Antikausativ, Passiv, Antipassiv, ferner Levinklassen.

Ambiguität (ambiguity). Ein Ausdruck oder eine Äußerung ist ambig, wenn mehrere Interpretationen möglich sind. Siehe Homonymie, Polysemie, kompositionale Ambiguität und kontextuelle Ambiguität.

Anapher (anaphor). Im einfachsten Fall ist eine Anapher eine NP, die auf etwas referiert, auf das schon im vorhergehenden Text mit einer anderen NP, dem Antezedens, referiert wurde. Beispiel: Meine Cousine (Antezedens) besucht mich nächste Woche. Sie (Anapher) wird zwei Tage bleiben.

Anredeform (forms of address). Ein Ausdruck, der der Anrede einer Person dient. Anredeformen sind u.a. Personalpronomen der 2. Person, Namen mit oder ohne Titel (Gerhard, Frau Hartmann) oder Koseformen (Schatz). Anredeformen können sich in Förmlichkeit (sozialer Bedeutung) und expressiver Bedeutung unterscheiden.

Antezedens (antecedent; Plural: Antezedenzien) siehe Anapher

Antikausativ (anticausative). Eine Verbalternation, die einen kausativen Agens aus der Argumentstruktur entfernt. Beispiel: die Tür öffnete sich [Antikausativ] vs. sie öffnete die Tür.

Antipassiv (antipassive). Eine Verbalternation, die das direkte Objekt eines transitiven Verbs herabstuft, meist durch Weglassung. Beispiele: intransitive Verwendungen von transitiven Verben wie essen or lesen.

Antonymie (antonymy). Eine Bedeutungsbeziehung, genauer: Opposition. Zwei Ausdrücke sind Antonyme bzw. antonym, genau dann wenn sie entgegengesetzte Extreme innerhalb eines Bereichs von Möglichkeiten bezeichnen. Antonyme sind logisch inkompatibel. Beispiele: groß und klein, lieben und hassen.

Äquivalenz siehe logische Äquivalenz

Arbitrarität (arbitrariness). Das Fehlen einer systematischen Beziehung zwischen der Form und der Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks. Aufgrund der grundsätzlichen Arbitrarität gibt es in verschiedenen Sprachen ganz verschiedene Wörter für dieselben Dinge.

Argument (argument). Etwas, das Gegenstand einer Prädikation ist. Ein Argument wird entweder durch einen separaten Argumentausdruck spezifiziert, oder es ist der Referent der prädizierenden Phrase (referenzielles Argument). In dem Satz die Katze miaut spezifiziert das Subjekt das Agensargument des Verbs miaut; es ist der Referent des Subjekts. Der Referent ist zudem referenzielles Argument des Nomens Katze. Auch das Verb miaut hat ein referenzielles Argument, das Miauen der Katze.

Argumentframe (argument frame). Ein Frame, der ein Verb mit seinen Argumenten als thematische Rollen repräsentiert. Der zentrale Knoten repräsentiert das referenzielle Argument des Verbs; jede thematische Rolle ist ein Attribut des zentralen Knotens; die Werte der Attribute sind die nicht-referenziellen Argumente des Verbs.

Argumentkompositum (argument compound). Ein Typ von Nomen-Nomen-Komposita: der Kopf des Kompositums ist ein relationales oder funktionales Nomen und der Modifikator spezifiziert ein Argument des Kopfes. Beispiele: Wortbedeutung [= Bedeutung eines Wortes], Ölpreis, Lufttemperatur, Hühnerbein.

Argumentstruktur (argument structure). Die Gesamtheit der Argumente eines Prädikatsausdrucks, wie sie in seinem Lexikoneintrag angegeben sind; die Argumentstruktur legt die thematische Rolle jedes Arguments fest. Alternationen können die Argumentstruktur verändern.

Artikel (article). Ein Determinierer, der dem Ausdruck von Definitheit oder Indefinitheit dient.

Aspekt (aspect). Eine grammatische Kategorie von Verben oder VPs. Der Aspekt einer Verbprädikation betrifft die Art und Weise, wie die ausgedrückte Prädikation auf die Zeit, auf die referiert wird, bezogen ist. Aspekt legt fest, ob es sich um eine Prädikation über ein Ereignis in dieser Zeit handelt (perfektiver Aspekt) oder um eine Prädikation über eine Zeit, die zu der ausgedrückten Situation in Beziehung gesetzt wird (imperfektiver, Perfekt- oder prospektiver Aspekt). Siehe Perfektiv, Imperfektiv, Perfekt, Prospektiv, Progressiv.

aspektuelle Klasse (aspectual class). Ein modernerer Ausdruck für Vendlerklasse: eine Klasse von Verben mit einer bestimmten Situationsstruktur. Siehe Activityausdruck, Prozessausdruck, Achievementausdruck, Accomplishmentausdruck, einfacher Wechselausdruck, einfacher Geschehnisausdruck, semelfaktiver Ausdruck, Zustandsausdruck.

assoziativer Plural (associative plural). Eine Variante des Plurals, bei der auf ein Individuum und die zu ihm gehörigen Personen referiert wird, nicht auf eine Mehrzahl gleichartiger Fälle. Beispiel: wir als Ausdruck für den Sprecher plus andere Personen.

atelisch siehe Telizität

Attribut (attribute).
(1) In der Grammatik. Eine Hinzufügung zu einem Wort oder einer Phrase, die zusätzliche Information beisteuert, zum Beispiel ein Adjektiv oder Relativsatz, der zu einem Nomen hinzugefügt wird.
(2) In der Frametheorie. Attribute sind die Verknüpfungen, die einen Frame ausmachen: funktionale Konzepte, die dem Framereferenten oder untergeordneten Frameelementen einen bestimmten Wert zuordnen. Frames beschreiben ihren Referenten dadurch, welche Attribute er hat und welche Werte sie annehmen (zum Beispiel das Attribut Form mit dem Wert ‚quadratisch‘); die Werte eines Attributs können ihrerseits Attribute mit festgelegten Werten haben. Man unterscheidet vier Arten von Attributen nach der Art der Werte, die sie annehmen können: Korrelate mit unabhängiger Existenz (zum Beispiel Herkunft, Mutter, Wohnort), konstitutive Teile (Kopf, Oberfläche, Prozessor), Eigenschaften (Alter, Farbe, Preis, Länge) oder Ereignisse und Handlungen, die sich dem Referenten zuordnen (Geburt, Verwendungszweck).

attributiv (attributive). Verwendungsweise eines Prädikatsausdrucks: der Prädikatsausdruck ist grammatisches Attribut zu einem Ausdruck mit referenziellem Argument und prädiziert über dieses. Beispiel: in der rote Ballon ist das Adjektiv attributiv verwendet; es prädiziert über das referenzielle Argument des Nomens Ballon.

Ausdrucksbasis (formation base). Ein Begriff aus der Montague-Grammatik. Die Ausdrucksbasis einer Montague-Grammatik für ein Fragment besteht aus einer Menge von lexikalischen (Basis-) Ausdrücken und ihrer Zuweisung zu syntaktischen Kategorien.

Ausdrucksbedeutung (expression meaning). Eine Bedeutungsebene: die Bedeutung eines einfachen oder zusammengesetzten Ausdrucks für sich genommen, ohne Bezug auf einen Kontext. Wenn der Ausdruck lexikalisiert ist, ist seine Bedeutung lexikalische Bedeutung; die Bedeutung komplexer Ausdrücke ergibt sich durch die Regeln der Komposition. Zur Ausdrucksbedeutung gehört auch die grammatische Bedeutung von Wortformen.

Aussagenlogik (sentential logic, propositional logic). Ein einfacher Typ Logiksprachen mit einer einfachen Semantik (als Bedeutungen fungieren Wahrheitswerte). Die Grundsymbole einer aussagenlogischen Sprache repräsentieren nicht weiter ausgeführte deklarative „Aussagen“, die entweder wahr oder falsch sind. Diese Aussagensymbole werden mit Verknüpfungen wie Negation, Konjunktion, Disjunktion (‚und/oder‘), Subjunktion usw. zu komplexeren Aussagen verbunden. Die Interpretation der aussagenlogischen Verknüpfungen ist dadurch definiert, wie sie sich auf den Wahrheitswert der verknüpften Aussagen auswirken; zum Beispiel: Die Negation kehrt den Wahrheitswert um, eine Konjunktion ist genau dann wahr, wenn beide Konjunkte wahr sind, usw.

Äußerungsbedeutung (utterance meaning). Eine Bedeutungsebene: die Bedeutung, die ein einfacher oder zusammengesetzter Ausdruck durch die Festlegung seiner Referenz in einem gegebenen Äußerungskontext erhält.

Äußerungskontext, ÄK (context of utterance, CoU). Der konkrete Kontext, in dem ein sprachlicher Ausdruck geäußert wird. Für einen Äußerungskontext liegen fest: Sprecher, Adressat(en), Zeitpunkt und Ort der Äußerung sowie die gegebenen Fakten. Im Äußerungskontext wird die Referenz der verwendeten Ausdrücke festgelegt und ergibt sich die Wahrheit von Satzaussagen und Prädikationen.

Äußerungszeit (time of utterance). Zeit, zu der eine Äußerung erfolgt. Die Äußerungszeit ist eine Komponente des Äußerungskontexts und Bezugspunkt für Tempus und allgemeiner zeitdeiktische Ausdrücke wie jetzt oder gestern.

Basisebene (basic level). Ein mittlerer Level von Allgemeinheit der Kategorisierung, besonders in Taxonomien. Konzepte auf der Basisebene sind reichhaltig genug, um konkrete Eigenschaften in Bezug auf Erscheinungsform, Zusammensetzung und Interaktion mit dieser Kategorie von Dingen festzulegen. Auf der anderen Seite sind sie allgemeiner und abstrakter als die Konzepte auf den tieferliegenden Ebenen. Zum Beispiel ist Trompete ein Konzept auf der Basisebene der Taxonomie der Musikinstrumente; Blechblasinstrument ist eine allgemeinere Kategorie und Bachtrompete eine spezifischere. Die Basisebene ist die bevorzugte Ebene in Kognition und Kommunikation.

Basiskategorie (basic category). Eine kognitive Kategorie auf der Basisebene der Kategorisierung.

Bedeutung (meaning). In der Linguistik werden Bedeutungen sprachlichen Ausdrücken (Ausdrucksbedeutung), grammatischen Formen (grammatische Bedeutung) oder sprachlichen Äußerungen (Äußerungsbedeutung, kommunikativer Sinn) zugeordnet. Ausdrucksbedeutung, Äußerungsbedeutung und kommunikativer Sinn sind verschiedene Ebenen der Bedeutung. Sprachliche Bedeutung (auf jeder Ebene) kann eine oder mehr Bedeutungsdimensionen haben, darunter deskriptive Bedeutung, soziale Bedeutung und expressive Bedeutung. Verschiedene theoretische Ansätze verwenden unterschiedliche Bedeutungsbegriffe: siehe mentalistische Semantik, Merkmalsemantik, kognitive Semantik (einschließlich Prototypensemantik), kulturelle Semantik, Formale Semantik.

Bedeutungsbeziehung (meaning relation). Eine Beziehung zwischen den Bedeutungen zweier oder mehrerer Ausdrücke, also eine Beziehung auf der Konzeptebene. Beispiele: Synonymie, Hyponymie und Oppositionen.

Bedeutungsdimensionen (dimensions of meaning). Voneinander unabhängige Teile der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke und Äußerungen: deskriptive Bedeutung, soziale Bedeutung, expressive Bedeutung, Bedeutung des Satztyps.

Bedeutungsebenen (levels of meaning). Ebenen der Interpretation sprachlicher Äußerungen: Ausdrucksbedeutung, Äußerungsbedeutung, kommunikativer Sinn.

Bedeutungspostulat (meaning postulate). Ein Satz, der eine Bedeutungsbeziehung zwischen Ausdrücken formuliert; zum Beispiel formuliert das Bedeutungspostulat Enten sind Vögel eine Bedeutungsbeziehung (in diesem Fall: Hyponymie) zwischen den Nomen Ente und Vogel. Bedeutungspostulate sind logisch wahre Sätze, weil sie in jedem beliebigen Kontext, bzw. unabhängig vom gegebenen Kontext gelten.

Bedeutungsvariante (meaning variant). Eine von zwei oder mehr zusammenhängenden lexikalischen Bedeutungen eines polysemen Lexems.

Bedeutungsverschiebung (meaning shift). Ersetzung der Bedeutung durch eine verwandte Bedeutung nach einem bestimmten allgemeinen Muster. Typen von Bedeutungsverschiebung sind zum Beispiel Metonymie, Metapher und Differenzierung.

Begriff (term; engl. concept bedeutet sowohl ‚Begriff‘ als auch Konzept). Lexikalisiertes Konzept. Mit ‚Begriff‘ ist zugleich das Konzept und das Wort gemeint. Nicht für jedes Konzept gibt es einen Begriff im Lexikon einer Sprache. Zum Beispiel gibt es im Deutschen keinen Verwandtschaftsbegriff für ›Person, mit der x ein gemeinsames Kind hat‹.

Beziehung (relation), auch Relation. In der Mögliche-Welten-Semantik ein Fachausdruck für einen Typ von Intensionen. Eine n-stellige ‚Beziehung‘ (n > 1) ist eine Funktion, die für jede mögliche Welt ein n-stelliges m-Prädikat festlegt. Zum Beispiel ist die ‚Schwester‘-Eigenschaft diejenige Funktion, die für jede mögliche Welt das m-Prädikat Schwester ergibt, das genau den Paaren x,y den Wert 1 zuordnet, für die in dieser Welt x eine Schwester von y ist.

Bezugssituation siehe Referenzsituation

BMS kurz für Binäre Merkmalsemantik

bottom-up (engl.). Ein Prozess ist bottom-up, wenn er von kleineren zu größeren Einheiten fortschreitet. Gegenteil: top-down.

Coercion (engl.). Durch den Kontext ausgelöster („erzwungener“) Prozess, durch den die Bedeutung eines Wortes oder einer Wortform verschoben wird, um eine in den Kontext passende Interpretation zu ermöglichen. Siehe Bedeutungsverschiebung, Prinzip der konsistenten Interpretation.

Constraint (engl.). Eine Zusatzbedingung für einen Frame, durch die die möglichen Werte von Attributen beschränkt und damit eingegrenzt werden.

definit (definite). Eine NP ist definit, wenn sie zur eindeutigen Referenz benutzt wird. Abhängig von der Sprache kann Definitheit explizit markiert werden oder nicht; Russisch und Japanisch haben zum Beispiel keine Definitheitsmarkierung. Im Deutschen sind folgende NPs definit: NPs mit bestimmtem Artikel (die Katze), mit adnominalem Demonstrativum (diese Katze), Possessivpronomen (deine Katze), vorangestelltem Genitiv (Emmas Katze), ferner Personalpronomen (sie), pronominale Demonstrative (dies) und Eigennamen (Emma). Eine referenziell verwendete NP präsupponiert, dass in dem gegebenen Äußerungskontext ein Referent existiert und eindeutig bestimmt ist.

Deixis (deixis). Verwendung bestimmter (‚deiktischer‘) Ausdrücke für Referenz unter Rückgriff auf unmittelbare Elemente des Äußerungskontexts, wie Sprecher (ich, wir), Adressat, Zeit (jetzt, morgen) und Ort der Äußerung (hier, dort). Man unterscheidet dementsprechend Personaldeixis, Ortsdeixis und Zeitdeixis

Deklarativsatz (declarative sentence), auch Aussagesatz. Ein Satztyp, der standardmäßig für Aussagen verwendet wird. Im Deutschen haben Deklarativsätze Verbzweitstellung; d. h. das finite Verb steht an der zweiten Stelle im Satz.

Dekomposition (decomposition). Analyse lexikalischer Bedeutung in Bedeutungskomponenten unter Festlegung der Art und Weise, wie sich daraus die Gesamtbedeutung ergibt. Zu Theorien der Dekomposition siehe Merkmalsemantik, Dowty, Konzeptuelle Semantik, Natural Semantic Metalanguage und Frametheorie.

Demonstrativum (engl. demonstrative; Plural: Demonstrativa). Ein Ausdruck wie dies, hier oder so, dessen Referenz deiktisch durch Bezugnahme auf den Ort bestimmt ist, an dem sich Sprecherin oder Adressaten befinden. Proximale Demonstrativa referieren auf etwas, das sich in der Nähe der Sprecherin befindet (zum Beispiel engl. this, here); mediale Demonstrativa referieren auf etwas, das entweder nah beim Adressaten ist oder in mittlerer Entfernung von der Sprecherin; distale Demonstrativa referieren auf etwas, das weit von der Sprecherin entfernt ist.

Denotation (denotation). Die Denotation eines Inhaltswortes ist die Kategorie, oder Menge, aller seiner potenziellen Referenten.

Derivation (derivation), Ableitung. Bildung eines neuen Wortes durch Hinzufügung eines Affixes; zum Beispiel zahl(en) V → be-zahl(en) V → Bezahl-ung N; einfach A → ver-einfach- V.

Desambiguierung (disambiguation). Ausschluss verschiedener Interpretationen bis auf eine.

deskriptive Bedeutung (descriptive meaning), auch propositionale Bedeutung, wahrheitsfunktionale Bedeutung. Eine Dimension der Ausdrucksbedeutung. Die deskriptive Bedeutung eines Satzes, seine Proposition, ist ein Konzept für seine potenziellen Bezugssituationen. Die deskriptive Bedeutung von Wörtern oder grammatischen Formen besteht in ihrem Beitrag zur deskriptiven Satzbedeutung.

Determination (determination). Die Art und Weise, wie eine NP zur Referenz benutzt wird, zum Beispiel definit oder indefinit, generisch oder quantifizierend. Determinierer dienen dem Ausdruck der Determination.

Determinierer (determiner). Ein Funktionswort, das dem Ausdruck der Determination einer NP dient. Deutsche Determinierer sind u. a. der unbestimmte und der bestimmte Artikel, adnominale Demonstrativa (dieses), Possessivpronomen (dein) und quantifizierende Determinierer (jedes, alle, beide).

deverbal (deverbal). In der Wortbildung: von einem Verb abgeleitet. Zum Beispiel sind Gesang und Sänger deverbale Nomen (von sing- abgeleitet), sangbar ist ein deverbales Adjektiv und besingen ein deverbales Verb.

Diathese (diathesis). Eine Verbalternation, die mit grammatischen Mitteln ausgedrückt wird, zum Beispiel (in manchen, aber nicht allen Sprachen) Aktiv, Passiv, Antipassiv, Kausativ oder Antikausativ. Diathesen verändern die Argumentstruktur und das Linking des Verbs.

Differenzierung (differentiation). Eine Bedeutungsverschiebung, durch die einem gegebenen Konzept Inhalt hinzugefügt wird; das Konzept wird spezifischer.

direktionale Opposition (directional opposition). Eine Bedeutungsbeziehung: Zwei Ausdrücke sind genau dann direktionale Gegenteile, wenn sie bezüglich einer gemeinsamen Achse entgegengesetzte Verhältnisse ausdrücken. Direktionale Gegenteile sind logisch inkompatibel. Beispiele: vor und nach (zeitl.), links und rechts, einziehen und ausziehen (Wohnung), geben und nehmen.

Disjunktion (disjunction). Eine ‚und/oder‘-Verbindung zweier Sätze oder Phrasen. In der Aussagenlogik und Prädikatenlogik eine logische Verknüpfung notiert als . Ein Aussage der Form A B ist genau dann wahr, wenn A und/oder B wahr sind.

Diskursrolle (discourse role). Sprecher/Sprecherin oder Adressat(en)/Adressatin(nen)

distal siehe Demonstrativum

Distinguisher (engl.). Ein binäres semantisches Merkmal, das sprachlich motiviert ist, aber weder elementar noch generell. Distinguisher fassen komplexen semantischen Inhalt zusammen, zum Beispiel [+PFERD].

distributive Prädikation (distributive predication). Eine distributive Prädikation betrifft gleichzeitig jeden Teil eines komplexen Referenten einer pluralischen oder Massen-NP. Beispiel: die Kinder waren enttäuscht (= jedes einzelne Kind). Kontrast: kollektive Prädikation.

ditransitives Verb (ditransitive verb). Verb mit drei Komplementen: Subjekt, direktes Objekt und indirektes Objekt, zum Beispiel geben, zeigen, beibringen.

Dowty. Der Semantiker David Dowty entwickelte unter anderem eine einflussreiche Theorie der Dekomposition (vor allem von Verben) im Rahmen der Formalen Semantik. Lexikalische Verbbedeutungen werden durch prädikatenlogische Formeln repräsentiert, die abstrakte Elemente wie CAUSE und BECOME enthalten. Diese Elemente haben eine feste modelltheoretische Interpretation. Sie beanspruchen nicht den Status von kognitiven Konzepten.

Eigenschaft (property). In der Mögliche-Welten-Semantik ein Fachausdruck für einen Typ von Intensionen. Eine ‚Eigenschaft‘ ist eine Funktion, die für jede mögliche Welt ein 1-stelliges m-Prädikat festlegt. Zum Beispiel ist die ‚Hund‘-Eigenschaft diejenige Funktion, die für jede mögliche Welt das m-Prädikat Hund ergibt, das genau den Individuen den Wert 1 zuordnet, die in dieser Welt Hunde sind.

eindeutig (unique, nonambiguous) siehe inhärent eindeutig, pragmatisch eindeutig, semantisch eindeutig

Eindeutigkeitspräsupposition (uniqueness presupposition). Präsupposition von definiten NPs, dass sie ihren Referenten eindeutig bestimmen.

einfacher Geschehnisausdruck (simple occurrence term), auch Semelfaktiv (semelfactive). Eine aspektuelle Klasse von Verben und VPs. Einfache Geschehnisausdrücke beschreiben eine Situation als Unterbrechung einer vorliegenden Bedingung, ohne eine Veränderung zwischen Vorher und Nachher festzulegen, wie es bei einfachen Wechselausdrücken der Fall ist. Beispiele: schlagen, klopfen, blitzen, knallen. Einfache Geschehnisausdrücke erlauben Progressiv und Zeitdauerabgaben nur, wenn sie repetitiv und damit zu Prozessausdrücken uminterpretiert werden; sie erlauben Zeitpunktangaben, aber keine Zeitbedarfsangaben.

einfacher Wechselausdruck (simple change term). Eine aspektuelle Klasse von Verben und VPs. Einfache Wechselausdrücke drücken einen Wechsel von einer Anfangsbedingung in eine Resultatsbedingung aus, ohne festzulegen, auf welche Art und Weise dieser Wechsel zustande kommt. Beispiele: wechseln, anfangen, aufhören, einschalten, sterben, ankommen. Einfache Wechselausdrücke präsupponieren das Vorliegen der Anfangsbedingung. Die Klasse schließt als Unterklasse Achievementausdrücke (ankommen) ein, bei denen die Anfangsbedingung dynamisch ist. Einfache wechselausdrücke erlauben weder Progressiv noch Zeitdauerabgaben, jedoch sind Zeitpunktangaben möglich. Nur Achievementausdrücke erlauben eine Zeitbedarfsangabe.

einstellig, zweistellig, dreistellig (one-place, two-place, three-place). Ein Nomen, Verb oder Adjektiv ist einstellig, wenn es eine Prädikation über 1 Argument ausdrückt (wobei bei Verben das referenzielle Argument nicht mitgezählt wird); zweistellige Nomen, Verben oder Adjektive prädizieren über zwei Argumente usw. Unter anderem sind sortale Nomen, die meisten Adjektive und die meisten intransitiven Verben einstellig; transitive Verben und die meisten relationalen Nomen sind zweistellig; ditransitive Verben sind dreistellig.

episodisch (episodic). Ein Satz ist episodisch, wenn er nicht generisch ist, d. h. wenn er auf eine konkrete Situation referiert.

Erfahrungsperfekt (experiential perfect). Variante des Perfektaspekts, die den Zustand ausdrückt, der darin besteht, dass man die ausgedrückte Tätigkeit schon einmal ausgeführt und damit eine bestimmte Erfahrung gemacht hat. Beispiele: Ich habe noch nie Sushi gegessen, ich bin [schon einmal] in der Türkei gewesen.

Erkennungswert (cue validity). Der Grad, zu dem ein Merkmal / eine Bedingung / eine Eigenschaft einen Hinweis auf die Kategorienzugehörigkeit darstellt. Zum Beispiel hat die Eigenschaft Federn zu haben einen hohen Erkennungswert für die Kategorie Vogel, weil fast alle Vögel Federn haben und andere Tiere nicht. Dagegen hat die Eigenschaft Beine zu haben nur einen niedrigen Erkennungswert für die Kategorie Vogel, weil sehr viele andere Kategorien von Dingen, die keine Vögel sind, ebenfalls Beine haben.

Euphemismus (euphemism). Ein Ausdruck, der anstelle eines anderen Ausdrucks verwendet wird, um dessen negative Konnotationen zu vermeiden oder Tabus zu respektieren, zum Beispiel Konflikt, bewaffnete Auseinandersetzung statt Krieg.

Evidential (evidential). Sprachliche Mittel um die Art der Evidenz für eine Prädikation anzuzeigen, zum Beispiel eigenes Erleben, Augenschein, Hörensagen, Schlussfolgerung oder Mutmaßung.

Existenzpräsupposition (existential presupposition). Präsupposition von definiten NPs, dass es etwas gibt, worauf sie referieren.

Experiencer (engl.). Eine thematische Rolle. Ein [belebter] Experiencer ist jemand, der eine ausgedrückte Wahrnehmung, ein Gefühl oder einen körperlichen Zustand hat; zum Beispiel die Rolle, die das Subjekt von Verben wie sehen, fühlen, lieben oder befürchten spezifiziert.

Expressiv (expressive). Ein Ausdruck, der expressive Bedeutung trägt, zum Beispiel Interjektionen, Schimpfwörter, Kraftausdrücke, Kosewörter.

expressive Bedeutung (expressive meaning). Eine Dimension der Ausdrucksbedeutung. Ein Ausdruck hat genau dann expressive Bedeutung, wenn er dem unmittelbaren Ausdruck subjektiver Empfindungen, Gefühle, Bewertungen und Einstellungen dient. Beispiele: Expressive.

Extension (extension). Begriff der Mögliche-Welten-Semantik. Die Extension eines Wortes in einer möglichen Welt ist die Gesamtheit der Objekte, auf die es in dieser Welt (potenziell) referiert. Für einen Individuenterm ist die Extension ein Individuum in der Welt; für Prädikatsausdrücke ist die Extension ein m-Prädikat, für Sätze ein Wahrheitswert.

faktives Verb (factive verb). Faktive Verben haben dass-Satz-Komplemente; sie präsupponieren den Inhalt des dass-Satzes. Beispiele: bedauern, berichten, wissen, aber nicht hoffen, behaupten, sagen.

Familienähnlichkeit (family resemblance). Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen den Mitgliedern einer kognitiven Kategorie, die diese Kategorie definieren und ‚zusammenhalten‘: Alle Mitglieder teilen gewisse Eigenschaften mit anderen Mitgliedern, aber es müssen nicht alle Mitglieder alle Eigenschaften aufweisen. Kategorien, die durch Familienähnlichkeit definiert sind, entsprechen nicht dem klassischen NHB-Modell.

finit (finite). Eine Verbform ist finit, wenn sie nach Tempus und evtl. weiteren Kategorien wie Person oder Modus (Indikativ, Konjunktiv, Imperativ) flektiert ist. Im Deutschen sind zum Beispiel die Formen siehst, sähe und sah finit; bei zusammengesetzten Verbformen wie habe gesehen, wurdest gesehen oder wirst sehen ist nur das Hilfsverb finit. Partizipien und Infinitive sind nicht-finite Formen des Verbs. Zu der funktionalen Schichtung finiter Verben siehe Verbzwiebel.

Flexion, flektieren (inflection, to inflect). Veränderung der grammatischen Form eines Wortes nach grammatischen Kategorien wie Numerus, Person, Genus, Kasus, Tempus usw. Flexion gehört zum Bereich der Wortbildung.

Fokalfarbe (focal colour). Eine Farbe, die den Status eines Referenzpunktes für ein Grundfarbwort hat, zum Beispiel fokales Rot, das übereinstimmend als bestes Beispiel für die Denotation von Rot-Wörtern in verschiedenen Sprachen genannt wird: für Englisch red, Deutsch rot, Spanisch rojo, Japanisch akai, etc. Fokalfarben sind Prototypen der entsprechenden Farbkategorien.

Formale Semantik (formal semantics). Logikbasierter Semantikansatz, begründet durch den US-amerikanischen Mathematiker und Philosophen Richard Montague (1930–1970). Die Formale Semantik konzentriert sich weitgehend auf die Satzsemantik, d. h. die Regeln der semantischen Komposition. Typisch ist ein zweischrittiges Vorgehen: Ausdrücke eines schmalen, exemplarischen Fragments einer natürlichen Sprache werden zunächst in eine geeignete formale Logiksprache übersetzt. Dieser erste Schritt besteht darin, dass den natürlichsprachlichen Ausdrücken logische Typen zugeordnet werden, zum Beispiel ‚Individuum‘ oder ‚1-stelliges Prädikat‘, und dann deren Komposition beschrieben wird, indem man für komplexe Ausdrücke Übersetzungsregeln in die Logiksprache formuliert. Im zweiten Schritt erhalten die Übersetzungen eine modelltheoretische Interpretation im Rahmen einer Mögliche-Welten-Semantik. Die Formale Semantik beschreibt auf diese Weise präzise die Wahrheitsbedingungen für die übersetzbaren natürlichsprachlichen Sätze und erfasst ihre logischen Beziehungen. Bedeutungen sind in der Formalen Semantik mathematische Konstrukte, sogenannte ‚Intensionen‘, d. h. Funktionen, die einem Ausdruck für jede mögliche Welt einen Referenten, ein m-Prädikat oder einen Wahrheitswert zuordnen; Bedeutungen werden nicht als kognitive Konzepte betrachtet, sondern mit Wahrheits- und Referenzbedingungen gleichgesetzt.

Förmlichkeit (formality). Ein häufiger Bestandteil sozialer Bedeutung. Förmlichkeit zeigt eine soziale Interaktion an, in der eine gewisse Distanz zwischen den Beteiligten gewahrt wird. Im Deutschen ist das Anredepronomen Sie förmlich, während du und ihr formlos sind.

Fragetest (question test). Ein Standardtest für Präsuppositionen. Zu einem deklarativen Testsatz bildet man die entsprechende Ja-Nein-Frage und überprüft, welche Bedingungen im Kontext gegeben sein müssen, damit die Frage sinnvoll mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Beispiel: Zu dem Deklarativsatz Sie hat das Licht angelassen. ist der entsprechende Fragesatz: Hat sie das Licht angelassen? Damit er entweder mit Ja oder mit Nein beantwortet werden kann, muss das Licht zuvor angewesen sein; daher ist diese Bedingung eine Präsupposition des Deklarativsatzes (und auch des Fragesatzes).

Fragment (fragment). Begriff aus der Formalen Semantik. Ein Fragment besteht aus einer Auswahl repräsentativer Lexeme einer natürlichen Sprache, die syntaktischen Kategorien zugewiesen, nach den Syntaxregeln kombiniert und nach den Kompositionsregeln interpretiert werden. In der Montague-Grammatik und allgemeiner in der Formalen Semantik beschränkt man sich auf kleine Fragmente einer Sprache, um in der Lage zu sein, für sie eine vollständige syntaktische und semantische Beschreibung zu formulieren.

Frame (engl.). Eine komplexe Struktur, die Wissen repräsentiert. Nach Barsalou sind Frames das generelle Format der konzeptuellen Repräsentation von Gegenständen oder Kategorien in der menschlichen Kognition. Ein Frame für einen individuellen Gegenstand oder eine Kategorie hat einen (potenziellen) Referenten; das Wissen über den Referenten wird in Form von Attributen repräsentiert, die bestimmte Werte annehmen. Diese Werte können ihrerseits wieder durch Attribute und deren Werte beschrieben sein, usw. Die Werte von Attributen können Constraints unterliegen.

Framekompositum (frame compound). Ein Typ von Nomen-Nomen-Komposita: Der Inhalt von Modifikator- und Kopfkonzept werden miteinander verknüpft, indem sie in einen verbindenden Frame integriert werden. Zum Beispiel sind die Konzepte ›Suppe‹ und ›Löffel‹ beide auf den Ess-Frame bezogen; dieser verknüpft die beiden Komponenten von ›Suppenlöffel‹ zu der Bedeutung ›Löffel zum Suppe Essen‹. Weitere Beispiele: Buchladen, Cellosonate, Phonologievorlesung.

Frametheorie (frame theory). Von Lawrence Barsalou begründete Theorie, nach der die Konzepte in der menschlichen Kognition die Struktur von Frames haben.

freie Variable (free variable). In der Prädikatenlogik: ein Vorkommen einer Variable ist frei, wenn es sich nicht in dem Skopus eines Quantors mit dieser Variablen befindet. Zum Beispiel befindet sich in der Formel ‚x (red(x) p(x,y))‘ das Vorkommen von ‚y‘ nicht im Skopus eines Quantors und ist daher frei; die Vorkommen von ‚x‘ befinden sich dagegen im Skopus des Existenzquantors ‚x‘ und sind daher gebunden.

Funktionalbegriff (functional noun). Funktionalbegriffe sind Nomen, die relational und inhärent eindeutig sind; sie haben ein oder mehrere relationale Argumente. Wenn sie eines haben, wird es in der Regel mit einer Possessivkonstruktion spezifiziert: der König von Saudi-Arabien, ihre Schwiegermutter. Beispiele: Mutter, Ehemann, Kopf, Rückseite, Gipfel, Anfang, Ende, Besitzer, Hersteller, Name, Adresse, Beruf, Alter, Größe, Höhe, Gestalt, Farbe, Temperatur, Preis, Wert, Wechselkurs etc.

funktionales Konzept (functional concept). Ein relationales Konzept, dessen Referent sich in Abhängigkeit von einem Possessor eindeutig bestimmt. Funktionale Konzepte sind jeweils auf einen bestimmten Typ von Possessor anwendbar und ergeben einen bestimmten Typ von Referenten; zum Beispiel ist das funktionale Konzept ›Farbe‹ auf sichtbare Possessoren anwendbar und ergibt als Referenten die Farbe des Possessors. Die Bedeutungen von Funktionalbegriffen sind funktionale Konzepte, aber es gibt funktionale Konzepte, für die es keinen lexikalisierten Funktionalbegriff gibt. Alle Attribute in Frames sind funktionale Konzepte.

Funktionskonstante (function constant). Ein Typ von Ausdruck in prädikatenlogischen Sprachen. In einem Modell wird Funktionskonstanten als Interpretation eine Funktion entsprechender Stelligkeit fest zugeordnet, die den Individuen aus dem Universum des Modells Individuen zuordnet. Nach den Syntaxregeln der Prädikatenlogik werden n-stellige Funktionsausdrücke mit n Invididuentermen kombiniert und ergeben damit einen komplexen Individuenterm.

Funktionswort (function word). Wort aus einer kleinen, geschlossenen syntaktischen Kategorie von Wörtern, zum Beispiel Artikel, Pronomen, Präpositionen und Konjunktionen.

Fusion (fusion). Von Ray Jackendoff eingeführter Begriff für die Zusammenführung von semantischer Information über ein Argument: die Selektionsbeschränkungen der Prädikation und die Spezifikation des Arguments durch ein Komplement.

Futur (future tense).
(1) [= Future] Allgemein sprachübergreifend: ein Tempus, das das Tempusargument in der Zukunft, d. h. in der Zeit nach der Äußerungszeit, einordnet.
(2) [= Futur I] Eine Verbform im Deutschen: ‚Präsens‘-Form von werden + Infinitiv, du wirst lachen. Das Tempus der ‚Futur I‘-Form ist Future. Jedoch ist diese Form gleichlautend mit einer modalen Verwendung von werden: der Brief wird (wohl) schon da sein. Das Tempus ist in diesem Fall Präsens.

gebundene Variable (bound variable). In der Prädikatenlogik: ein Vorkommen einer Variablen ist gebunden, wenn es sich in dem Skopus eines Quantors mit dieser Variablen befindet. Zum Beispiel befinden sich in der Formel ‚x(red(x) p(x,y))‘ die Vorkommen von ‚x‘ im Skopus von ‚x‘ und sind daher gebunden; das Vorkommen von ‚y‘ ist dagegen frei.

Generizität (genericity). Ein Modus der Sprachverwendung, bei dem Teile eines Satzes ohne konkrete Referenz auf den Äußerungskontext verwendet werden; dadurch beziehen sie sich auf einen allgemeinen Fall. Im Deutschen werden oft indefinite NPs generisch verwendet (zum Beispiel in Kinder brauchen Zuwendung); auch Verben und VPs in habitueller Verwendung sind generisch: Ich fahre mit der S-Bahn zur Arbeit. Gegenteil: episodisch.

Genus (gender; dt. Plural: Genera). Eine grammatische Kategorie von Nomen und anderen nominalen Ausdrücken, zum Beispiel Personalpronomen, in vielen, aber nicht allen Sprachen. Allgemeiner: ein Merkmal, durch das sich Nomenklassen unterscheiden. Europäische Sprachen haben häufig ein Genussystem, das für Personenzeichnungen auf das biologische Geschlecht bezogen ist, mit Genera wie Maskulinum, Femininum und Neutrum.

Genus verbi (voice; dt. Plural Genera verbi). Eine grammatische Kategorie des Verbs. Das Genus verbi – zum Beispiel Aktiv, Passiv oder Kausativ – bestimmt das Linking der Verbargumente.

Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten (Law of excluded middle), auch Tertium non datur, siehe Polaritätsprinzip

Gesetz vom Widerspruch (Law of contradiction). Ein fundamentaler Grundsatz der Logik, der Aristoteles zugeschrieben wird: Eine Aussage über einen Gegenstand kann nicht in derselben Hinsicht sowohl wahr als auch falsch sein.

graduelle Zugehörigkeit (graded membership). Die Mitgliedschaft in einer kognitiven Kategorie ist nach der Vorstellung der Prototypentheorie nicht eine Entweder-Oder-Angelegenheit, sondern eine Frage des Grades; Gegenposition: NHB-Modell.

grammatische Bedeutung (grammatical meaning). Die Ausdrucksbedeutung einer grammatischen Form, falls die grammatische Konstruktion eine Wahlmöglichkeit lässt und die Form nicht neutralen Charakter hat; zum Beispiel Numerus, Aspekt oder Tempus.

grammatische Eigenschaft (grammatical property). Inhärente Eigenschaft eines Lexems, die für bestimmte grammatische Verhaltensweisen verantwortlich ist, zum Beispiel das Genus von Nomen oder die Eigenschaft russischer Verben, imperfektiv oder perfektiv zu sein.

Grundfarbwort (basic colour term). Farbwort, das nicht Unterbegriff eines anderen Farbworts ist, zum Beispiel rot, grün, blau, braun, schwarz im Gegensatz zu oliv (Unterbegriff von grün).

habitueller Aspekt (habitual aspect). Eine Variante des imperfektiven Aspekts. Eine Situation wird als regelmäßig wiederkehrend dargestellt. Das Tempusargument wird in einem Zeitraum dieser Wiederholung platziert. Beispiel: ich fuhr damals mit dem Fahrrad zur Arbeit.

Heckenausdruck (hedge). Ein Ausdrucksmittel, das dafür verwendet wird, die Grenzen der Denotation eines Wortes auszudehnen oder enger zu ziehen. Zum Beispiel: ein Vollblutsyntaktiker (Einengung), so eine Art Matratze (Ausdehnung).

Heteronymie (heteronymy). Eine Opposition. Ausdrücke sind genau dann untereinander heteronym, wenn sie jeweils eine Alternative in einem Feld von mehreren Möglichkeiten bezeichnen. Heteronyme sind logisch inkompatibel. Beispiele: die Zahlwörter, Farbwörter, Verwandtschaftsbegriffe, Bezeichnungen für Früchte, für Vögel, für Kleidungsstücke usw.

historisches Präsens (historic[al] present). Eine besondere Verwendung des Präsens für Ereignisse in der Vergangenheit, die die Wirkung einer Versetzung des Adressaten in die Vergangenheit hat: die Ereignisse werden beschrieben, als ob sie in der Gegenwart stattfänden.

Holonym siehe Meronymie

Homonymie (homonymy). Ein Typ von lexikalischer Ambiguität. Zwei Lexeme sind total homonym, wenn zwischen ihren Bedeutungen kein Zusammenhang besteht, sie aber sonst in allen konstitutiven Lexemeigenschaften übereinstimmen, z. B.  Weiche (›Flanke‹) vs. Weiche (›(Gleis)weiche‹). Zwei Lexeme sind partiell homonym, wenn zwischen ihren Bedeutungen kein Zusammenhang besteht, sie aber in mindestens einer grammatischen Form übereinstimmen, z. B. Bank–Banken vs. Bank–Bänke. Homographen (Tenor ›Singstimme‹ vs. Tenor ›grundlegender Gehalt‹) haben dieselbe Schreibweise, Homophone haben dieselbe Lautform (Seite, Saite; Lied, Lid).

Hyperonymie (hyperonymy). Eine Bedeutungsbeziehung, das Gegenteil von Hyponymie.

Hyponymie (hyponymy). Eine Bedeutungsbeziehung: A ist hyponym zu B bzw. ein Hyponym von B, und B ist hyperonym zu A bzw. ein Hyperonym von A, genau dann wenn (i) A ein Unterbegriff von B ist (siehe logische Unterordnung) und (ii) die Bedeutung von B Teil der Bedeutung von A ist. Weil die zweite Bedingung nicht immer gegeben ist, ist nicht jeder Unterbegriff ein Hyponym. Beispiele: Ente ist hyponym zu Vogel, herunterschlingen zu essen.

Idiom (idiom). Ein mehrteiliger Ausdruck mit lexikalisierter, nicht-kompositionaler Bedeutung; zum Beispiel die Flinte ins Korn werfen; Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

Imperativsatz (imperative sentence). Ein Satztyp, der standardmäßig für Aufforderungen verwendet wird, zum Beispiel Geh weg!, Seien Sie bitte still! Das Verb ist im Imperativ (oder bei der förmlichen 3. Person ersatzweise im Konjunktiv I).

Imperfektiv, imperfektiver Aspekt (imperfective [aspect]). Einer der beiden grundlegenden Aspekte, zusammen mit dem Perfektiv. Die Zeit, auf die referiert wird, das Tempusargument, wird innerhalb der ausgedrückten Situation platziert. Progressiv und habitueller Aspekt sind Varianten des imperfektiven Aspekts. Im Deutschen gibt es keine unterschiedlichen Verbformen für imperfektiven und perfektiven Aspekt. Im Englischen kann bei Verben, die keinen Zustand ausdrücken, der Unterschied durch die Wahl der einfachen Form (perfektiv) oder der Progressivform (imperfektiv) explizit gemacht werden; Beispiel: She closed the windows (perfektiv) vs. she was closing the windows (imperfektiv). Bei Zustandsverben ergibt sich im Normalfall imperfektiver Aspekt: she hates asparagus, sie mag keinen Spargel.

Implikation (logical entailment). Eine logische Beziehung zwischen Aussagesätzen oder Prädikatsausdrücken. Satz A impliziert Satz B (A B) genau dann, wenn es logisch unmöglich ist, dass A wahr und B falsch ist: wenn A wahr ist, muss B auch wahr sein. Ein Prädikatsausdruck A impliziert einen Prädikatsausdruck B der gleichen Stelligkeit, wenn es logisch unmöglich ist, dass für irgendwelche Argumente A wahr, aber B falsch ist. Beispiele: heute ist Dienstag impliziert heute ist nicht Freitag; Ente impliziert Wasservogel.

inchoatives Verb (inchoative verb). Verb, das das Einsetzen eines Zustands oder Prozesses ausdrückt. Beispiele: anfangen, sich setzen, sich schließen.

indefinit (indefinite). Eine NP ist indefinit, wenn sie für (potenziell) nicht eindeutige Referenz verwendet wird. Je nach Sprache kann Indefinitheit explizit markiert werden (zum Beispiel durch unbestimmte Artikel) oder unmarkiert bleiben (zum Beispiel im Deutschen bei Massennomen und Plural-NPs, im Russischen oder Japanischen generell). Im Deutschen sind folgende Formen von NPs indefinit: einfache indefinite NPs: zählbare Nomen im Singular mit unbestimmtem Artikel (ein Apfel), bloße Plurale (Kirschen), bloße Massennomen (Obst); NPs mit Quantitätsangaben (viele/drei Studenten; 20 g Salz/etwas Salz); indefinite Pronomen (jemand, etwas, niemand, nichts u.a.).

indexikalisch (indexical). Ein Ausdruck ist indexikalisch, wenn seine Bedeutung einen unmittelbaren Zusammenhang zum potenziellen Äußerungskontext herstellt. Zu den indexikalischen Ausdrücken gehören alle deiktischen Ausdrücke, Demonstrativa, definite Artikel und Präsuppositionsträger.

Individualbegriff (individual noun). Individualbegriffe sind Nomen, die inhärent eindeutig und nicht relational sind. Dazu gehören Nomen wie Sonne, Wetter, Papst, Eigennamen und Personalpronomen.

Individuenkonstante (individual constant). Eine Sorte von Ausdrücken in Sprachen der Prädikatenlogik. Eine Individuenkonstante bezeichnet ein festgelegtes Individuum in dem zugrunde gelegten Modell.

Individuenkonzept (individual concept). In der Mögliche-Welten-Semantik: eine Funktion, die jeder möglichen Welt ein Individuum zuordnet. Intensionen von Individuentermen sind Individuenkonzepte.

Individuenterm (individual term). In der Prädikatenlogik: ein Ausdruck, der ein Individuum in dem Modelluniversum bezeichnet. Individuenvariablen und Individuenkonstanten sind Individuenterme. In natürlicher Sprache entsprechen Individuenterme Personalpronomen, Eigennamen und definiten NPs.

Individuenvariable (individual variable). Eine Sorte von Ausdrücken in Sprachen der Prädikatenlogik. Eine Variable für ein Individuum im Universum des zugrunde gelegten Modells.

Individuum (individual). Ein Begriff aus der Prädikatenlogik und Modelltheorie: Grundlage eines Modells ist das Modelluniversum; seine Elemente sind die Individuen in dem Modell, d. h. die Dinge, die die Individuenkonstanten und –variablen in dem Modell bezeichnen und die die möglichen Argumente der Prädikate sind.

Inferenz (inference). Ein Sammelbegriff für unterschiedliche Arten von Schlussfolgerungen, einschließlich Implikation (logischer Folgerung) und Griceschen Implikaturen.

Inhaltswort (content word). Wort aus einer der großen, offenen Wortklassen, Nomen, Verb, Adjektiv oder Adverb. Inhaltswörter dienen der Referenz, Prädikation oder Modifikation (Adjektive und Adverbien).

inhärent eindeutig (inherently unique). Ein Nomen (oder Begriff) ist inhärent eindeutig, wenn seine Bedeutung den Referenten als eindeutig bestimmt darstellt.

Inkompatibilität siehe Logische Inkompatibilität

Instrument (instrument). Eine thematische Rolle: etwas, das verwendet wird, um ein Ereignis zustande zu bringen. Im Deutschen oft mit einer mit-PP ausgedrückt, in anderen Sprachen, zum Beispiel Russisch, mit einem eigenen Kasus; zum Beispiel mit Stäbchen essen, dieser Schlüssel öffnet das Schließfach.

Intension (intension). Begriff der Mögliche-Welten-Semantik: eine Funktion, die zu jeder möglichen Welt einen Wert (eines vorgegebenen Typs) ergibt. Die Intension eines Ausdrucks ist die Funktion, die dem Ausdruck in jeder möglichen Welt seine Extension zuordnet. Typen von Intensionen sind u. a. Propositionen (die Intensionen von Sätzen), Eigenschaften (die Intensionen von 1-stelligen Prädikatsausdrücken), Beziehungen (die Intensionen von mehrstelligen Prädikatsausdrücken) und Individuenkonzepte (die Intensionen von Individuenausdrücken).

Interjektion (interjection). Ein expressiver Ausdruck, der der unmittelbaren Äußerung von Gefühlen und Bewertungen dient, meistens nur ein Wort. Interjektionen können eine komplette Äußerung bilden; zum Beispiel Au! Ih! Ätsch! Du liebe Zeit! Interjektionen tragen ausschließlich expressive Bedeutung.

Interpretation (interpretation). Ein allgemeiner Ausdruck für die Zuweisung von Bedeutung, der für natürliche Sprache Bedeutung auf allen Ebenen umfasst. Auch für die Wertzuweisung von Ausdrücken formaler Sprachen in einem Modell verwendet.

Interpretationsbasis (interpretation base). Ein Begriff aus der Montague Grammatik. Die Interpretationsbasis legt die Interpretation (Bedeutung) der Ausdrücke in der Ausdrucksbasis eines Fragments fest.

Interpretationsregel (interpretation rule). Ein Begriff aus der Montague Grammatik. Die Interpretationsregeln für ein Fragment einer Sprache legen fest, wie sich die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks ergibt, der nach einer bestimmten syntaktischen Regel gebildet wurde. Zu jeder syntaktischen Regel gibt es genau eine Interpretationsregel, die angibt, wie sich die Bedeutung des gebildeten Ausdrucks aus der Bedeutung seiner syntaktischen Bestandteile ergibt.

Interrogativsatz (interrogative sentence). Ein Satztyp, der standardmäßig für Fragen verwendet wird. Im Deutschen beginnen Fragesätze entweder mit dem finiten Verb (Bist du beleidigt?, sogenannte Entscheidungsfrage) oder mit einem Fragepronomen (wer, was, wo, wie, warum, womit etc., sogenannte w-Frage).

intransitives Verb (intransitive verb). Verb mit einem Subjekt, aber ohne ein direktes Objekt, zum Beispiel schlafen, leben. In Sprachen mit Dativ und Akkusativ sind auch Verben, die nur ein Subjekt und ein Dativobjekt haben, intransitiv, zum Beispiel im Deutschen helfen, gefallen, gehören oder ähneln.

I-Sprache (I-language). Von Noam Chomsky eingeführter Begriff: der innere mentale Sprachapparat eines individuellen Sprechers einer Sprache.

Kasus (case). Eine grammatische Kategorie von NPs, die dem Linking von Argumentausdrücken und der Kennzeichnung von grammatischen Funktionen wie Subjekt und Objekt dient. Häufige Kasus sind Nominativ, Akkusativ, Dativ, Genitiv, Instrumental etc. In Sprachen mit Kasus erhalten die nichtreferenziellen Argumente von Verben, Adjektiven, Nomen und Präpositionen Kasusmarkierungen wie Nominativ für den Agens, Akkusativ für Thema oder Patiens, Genitiv für ein relationales Nomenargument usw.

Kategorie, grammatische (grammatical category). Grammatisch relevantes Merkmal eines Wortes oder einer Phrase, zum Beispiel Person, Numerus, Genus, Kasus, Aspekt und Tempus.

Kategorie, kognitive (cognitive category). Eine Klasse von Objekten, die sich durch bestimmte Eigenschaften von anderen unterscheiden. Die Klasse aller Objekte, auf die ein Konzept zutrifft, bildet eine Kategorie. Denotationen von Inhaltswörtern sind Kategorien. Zum Beispiel ist die Kategorie Löffel die Denotation des Nomens Löffel bzw. die Klasse aller Löffel bzw. die Klasse aller Objekte, auf die das Konzept ›Löffel‹ zutrifft. Objekte, die zu einer Kategorie gehören, sind Exemplare oder Mitglieder der Kategorie. Siehe auch semantische Kategorie, kulturelle Kategorie.

Kategorie, syntaktische (syntactic category), auch Wortart. Klasse von Lexemen mit denselben syntaktischen Eigenschaften, zum Beispiel Nomen, Verb, Adjektiv, Adverb (alle mit Unterkategorien, etwa transitives und intransitives Verb).

Kategorisierung (categorization). Der kognitive Prozess, der Objekte unterscheidet und in bestimmte Kategorien einordnet. Theoretische Modelle der Kategorisierung sind u. a. das NHB-Modell, die Prototypentheorie und die Frametheorie.

Kausativ (causative). Eine Diathese des Verbs, bei der zu der Argumentstruktur ein kausativer Agens als Verursacher hinzugefügt wird. Beispiel: ich fütterte das Kind [kausativ] vs. das Kind aß.

kausatives Verb (causative verb). Verb, das die Verursachung eines Ereignisses durch einen Agens ausdrückt. Beispiele: transitives öffnen, verletzen, zeigen, füttern.

Kernargument (core argument). Argument eines Verbs, das zu seiner Stelligkeit beiträgt. Seine Spezifikation ist syntaktisch obligatorisch; es erscheint meist als Subjekt, direktes Objekt oder indirektes Objekt.

Klassem soviel wie Marker

kognitive Semantik (cognitive semantics).Verschiedenartige Ansätze in der Semantik, die davon ausgehen, dass sprachliche Semantik ein Teil der menschlichen Kognition ist, und die daher auf Begriffe und Ergebnisse der Kognitionspsychologie zurückgreifen.

kollektive Prädikation (collective predication). Eine kollektive Prädikation prädiziert über ein komplexes Argument als Ganzes. Beispiel: die Kinder treffen sich auf dem Sportplatz [= ein Treffen von allen Kindern gemeinsam]. Gegenteil: distributive Prädikation.

kombinatorische Eigenschaft (combinatorial property) Begriff aus dem Strukturalismus: soviel wie syntagmatische Eigenschaft.

kommunikativer Sinn (communicative meaning). Eine Bedeutungsebene: die Bedeutung einer Äußerung als kommunikative Handlung in einer gegebenen sozialen Konstellation.

Komparativ (comparative). Eine Konstruktion, auch Form des Adjektivs, die dazu dient, in Bezug auf die ausgedrückte Eigenschaft einen Vergleich zwischen zwei Objekten auszudrücken; zum Beispiel x ist besser als y.

Komplement (complement). Ein Ausdruck (NP, PP, oder Nebensatz) der ein Argument für einen prädizierenden anderen Ausdruck spezifiziert. Zum Beispiel sind Subjekt und Objekt Komplemente des Verbs; Possessorangaben dienen als Komplemente von relationalen Nomen wie in Alter des Hauses. Oft werden Komplemente von Adjunkten unterschieden: Komplemente sind obligatorische Spezifikationen von Argumenten, die zur Argumentstruktur des Prädikatsausdrucks gehören, Adjunkte spezifizieren optionale Argumente.

Komplementarität (complementarity). Eine Bedeutungsbeziehung, genauer: Opposition, zu unterscheiden von logischer Komplementarität, die eine logische Beziehung darstellt. Komplementäre Ausdrücke sind logisch komplementär, aber die Umkehrung gilt nicht immer. Zwei Ausdrücke sind komplementäre Gegenteile, wenn sie in einem bestimmten Bedeutungsbereich eine Entweder-oder-Alternative bilden. Beispiele: Frau vs. Mann, frei vs. besetzt, möglich vs. unmöglich.

Komposition (composition). Der Prozess, in dem nach dem Kompositionalitätsprinzip die Bedeutung von komplexen Ausdrücken berechnet wird.

kompositionale Ambiguität (compositional ambiguity). Ein zusammengesetzter Ausdruck ist kompositional ambig, wenn er mehr als eine kompositionale Interpretation erlaubt. Kompositionale Ambiguität kann mehrere Quellen haben: lexikalische Ambiguität von enthaltenen Ausdrücken, Ambiguität grammatischer Formen oder Ambiguität der syntaktischen Struktur.

kompositionale Bedeutung (compositional meaning). Bedeutung eines komplexen Ausdrucks, zum Beispiel eines Satzes oder einer Phrase, die sich nach Regeln der Komposition ergibt.

kompositionale Wortbedeutung (compositional word meaning). Bedeutung eines komplexen Wortes, das sich nach allgemeinen Kompositionsregeln aus den Bestandteilen des Wortes ableiten lässt. Zum Beispiel leitet sich die Bedeutung von essbar nach einer allgemeinen Kompositionsregel aus der Bedeutung von ess- und der Bedeutung des Verbsuffixes –bar (in etwa ›kann man [Verb]‹ ab. Die Bedeutung von regulären Komposita wie Apfelsaft, Blumenladen, Kinderzahl ist kompositional.

Kompositionalitätsprinzip (Principle of Compositionality). Das zentrale Prinzip der Semantik, Gottlob Frege zugeschrieben. Es besagt: ‚Die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks ergibt sich eindeutig aus der lexikalischen Bedeutung seiner Komponenten, aus deren grammatischer Bedeutung und aus seiner syntaktischen Struktur.‘

Kompositionsregel (composition rule). Regel der semantischen Komposition, die besagt, wie sich die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks aus der Bedeutung seiner Bestandteile berechnet, nach dem Kompositionalitätsprinzip. Zum Beispiel besagt die Kompositionsregel für eine einfache Adjektiv-Nomen-Komposition wie grünes Sofa, dass ihre Bedeutung die Und-Verbindung der Bedeutungen von grün und Sofa ist.

Kompositum (compound), Plural: Komposita. Das Produkt der Zusammensetzung zweier Wortstämme zu einem neuen. Bei dem häufigsten Typ ist eine Komponente der Kopf (er bestimmt die grammatischen Eigenschaften des Kompositums) und die andere ein Modifizierer (er modifiziert die Bedeutung des Kopfs, gewöhnlich durch zusätzliche Information). Beispiele: Tankstelle, Benzinkanister, Wortbildung. Bei einem regulären Kompositum leitet sich die Bedeutung nach einer allgemeinen Regel ab, zum Beispiel bei Buchladen aber nicht bei Bergmann. Für verschiedene Typen von Komposita siehe Argumentkompositum, Framekompositum, Rektionskompositum, Wertkompositum.

Kongruenz (agreement). Grammatische Beziehung zwischen zwei Elementen eines Satzes oder einer Phrase; ein Element erfordert eine bestimmte grammatische Form für das andere, oder beide müssen einander entsprechende Formen haben. Beispiele: im Deutschen muss die Form des finiten Verbs in Numerus und Person mit dem Subjekt kongruieren: ich bin, du bist, wir sind usw.; wenn ein Nomen mit einem Artikel kombiniert wird, kongruiert der Artikel in Genus, Numerus und Kasus mit dem Nomen.

Konjunktion (conjunction). Eine Und-Verknüpfung von zwei Sätzen oder Phrasen. In der Aussagenlogik und Prädikatenlogik eine logische Verknüpfung notiert als . Eine Aussage der Form A B ist genau dann wahr, wenn A und B beide wahr sind.

Konkatenation (concatenation). Eine Operation, die zwei Ausdrücke A und B zu einem komplexen Ausdruck verkettet, zum Beispiel roter und Punkt zu roter Punkt oder zwei und hundert zu zweihundert.

Konnotation (connotation). Konventionalisierte Assoziationen, die sich an der Denotation bestimmter Inhaltswörter festmachen. Konnotationen gehören nicht zur lexikalischen Bedeutung des Wortes.

Konstituente (constituent). Struktureller Bestandteil eines komplexen Ausdrucks. Zum Beispiel sind die Subjekt-NP und die VP Konstituenten des Satzes, Nomen und Determinierer sind Konstituenten einer NP wie der Hut.

Kontextuelle Ambiguität (contextual ambiguity). Ambiguität, die aus der Möglichkeit von Bedeutungsverschiebungen in bestimmten Kontexten entsteht. Kontextuelle Ambiguität besteht auf der Ebene der Äußerungsbedeutung.

Kontingenz (contingency). Eine logische Eigenschaft von Aussagesätzen: Ein Satz ist genau dann kontingent, wenn er in manchen Äußerungskontexten wahr ist und in manchen falsch. Nichtkontingente Sätze sind entweder logisch wahr oder logisch falsch.

Kontradiktion siehe logische Kontradiktion

Kontrarietät siehe logische Kontrarietät

kontrastive Eigenschaft (contrastive property), auch distinktive Eigenschaft (distinctive property). Begriff aus dem Strukturalismus: Eigenschaft, die Elemente desselben Paradigmas untereinander unterscheidet, zum Beispiel das Stimmhaftigkeitsmerkmal von Phonemen.

Konversion (conversion). Bildung eines neuen Wortstammes ohne Veränderung seiner Form. Beispiele: leer A → leer- V, arbeit- V → Arbeit N, fünf A → Fünf N.

Konversität (conversity). Eine Opposition. Zwei Ausdrücke, die konvers zueinander/Konverse sind, drücken dieselbe Beziehung zwischen zwei Dingen aus, aber mit vertauschten Rollen. Beispiele: länger vs. kürzer, kaufen vs. verkaufen, über vs. unter, Elternteil vs. Kind. Konversität kann prinzipiell nur zwischen mindestens zweistelligen Prädikatsausdrücken bestehen.

Konzept (concept). Die kognitive Repräsentation eines einzelnen Objekts oder einer kognitiven Kategorie. In der mentalistischen Semantik sind die Bedeutungen sprachlicher Ausdrücke Konzepte.

Konzeptuelle Semantik (Conceptual Semantics). Von Ray Jackendoff entwickelte Theorie der lexikalischen Dekomposition und semantischen Komposition. In der Konzeptuellen Semantik werden Bedeutungen mithilfe von Formeln dekomponiert, die als Bausteine abstrakte konzeptuelle Komponenten wie cause, become, go, etc. enthalten.

Kopf (head). Derjenige Teil eines komplexen Wortes oder einer komplexen syntaktischen Phrase, der seine grammatischen Eigenschaften bestimmt. Der Kopf einer NP ist ein Nomen, der Kopf einer VP ein Verb; der Kopf eines Kompositums ist im Deutschen der letzte Teil, zum Beispiel stück in Gitarrenstück.

koreferent (coreferent). Zwei NPs sind in einem gegebenen Äußerungskontext koreferent, wenn sie auf dasselbe referieren.

Kosewort (term of endearment). Ein Expressiv, das neben seiner deskriptiven Bedeutung eine positive Einstellung zu dem bezeichneten Referenten ausdrückt, zum Beispiel Schatz, Liebling usw.

Kraftausdruck (engl. Übersetzung fehlt). Kraftausdrücke sind Expressive wie Kerl, Typ oder Weib, die zusätzlich zu ihrer deskriptiven Bedeutung (›Mann‹ bzw. ›Frau‹) eine emotionale Emphase als expressiven Bedeutungsanteil besitzen.

Kulmination (culmination). Mögliche Komponente einer Situationsstruktur, die bei Accomplishment- und einfachen Wechselausdrücken vorliegt: der Punkt, an dem ein Prozess oder eine Aktivität ihre Abschluss findet, indem ein bestimmtes Ergebnis erreicht wird.

kulturelle Kategorie (cultural category). Kognitive Kategorie, die durch ein kulturelles Konzept definiert ist.

kulturelle Semantik (cultural knowledge approach). Semantischer Ansatz, der lexikalische Bedeutungen mit kulturellen Konzepten gleichsetzt. Nach diesem Ansatz gibt es keinen Unterschied zwischen der Bedeutung von Hund und dem kulturellen Hundekonzept.

kulturelles Konzept (cultural concept). Konzept für eine Kategorie von Fällen, das geteiltes kulturelles Wissen beinhaltet. Kulturelle Konzepte sind in der Regel reichhaltiger als die entsprechenden semantischen Konzepte. Zum Beispiel könnte das kulturelle Konzept für Hunde die Information enthalten, dass der Besitzer eines Hundes Hundesteuer entrichten muss; diese Bedingung ist dagegen nicht Bestandteil des semantischen Konzepts ›Hund‹, das als Wortbedeutung von Hund anzusehen ist.

kulturelles Wissen (cultural knowledge). Wissen über kulturelle Kategorien, das von einer kulturellen Gemeinschaft geteilt wird. Kulturelles Wissen ist reichhaltiger und veränderlicher als semantisches Wissen.

Lautform (sound form) Lautliche Form eines Lexems, gewöhnlich als Folge von Phonemen angegeben. Auch: Aussprache eines Lexems. Beispiel: die Lautform von ruhig ist /ru:ig/, die Aussprache [ʁu:iɕ].

Lesart (reading). Eine Äußerungsbedeutung, die unter Berücksichtigung des Prinzips der konsistenten Interpretation in einem Äußerungskontext möglich ist.

Levin-Klassen (Levin classes). Von Beth Levin in Levin (1993) [English verb classes and alternations. A preliminary investigation. Chicago, IL: The University of Chicago Press.] definierte Klassen englischer Verben. Die Verben einer Levin-Klasse haben verwandte Bedeutungen und weisen dieselben Muster der Alternation auf. Beispiel: ‚verbs of ingesting‘ wie eat und drink.

Lexem (lexeme). Eine Einheit im Lexikon einer Sprache, die durch die Merkmale Lautform, Schriftform, grammatische Kategorie, inhärente grammatische Eigenschaften und lexikalische Bedeutung definiert ist. Ein Lexem kann aus einem oder mehreren Wörtern bestehen (siehe Idiom).

lexikalische Ambiguität (lexical ambiguity). Ambiguität auf der Ebene der Ausdrucksbedeutung. Ein Lexem ist lexikalisch ambig, wenn es entweder polysem oder ein Homonym von anderen Lexemen ist.

lexikalische Bedeutung (lexical meaning). Im mentalen Lexikon gespeicherte Bedeutung eines lexikalisierten Ausdrucks (=Lexems).

Lexikon (lexicon). Der Komplex abgespeicherten sprachlichen Wissens im Geist eines Sprechers. Das Lexikon speichert die Bedeutung und sprachlichen Eigenschaften von Wörtern und Mehrwortidiomen; es umfasst außerdem Regeln der Wortbildung und Flexion sowie allgemeine Mechanismen der Bedeutungsverschiebung.

Linking (engl.). Der grammatische Mechanismus, durch den eine Sprache die Komplemente für die Argumente von Prädikatsausdrücken unterscheidet und kennzeichnet. Die wichtigsten Mittel des Linking sind Wortstellung, Kasus und Kongruenz. Beispiel: Das transitive Verb kaufen hat in seiner Argumentstruktur ein Agensargument, den Käufer, und ein Themaargument, das Gekaufte. Nach den Linkingregeln des Deutschen wird das Agensargument durch das Subjekt spezifiziert; das Subjekt ist erkennbar am Kasus (Nominativ), an der Kongruenz mit dem finiten Verb in Numerus und Person und häufig, aber nicht zwingend, an der Wortstellung vor dem finiten Verb. Das Themaargument wird als direktes Objekt realisiert, gekennzeichnet durch den Kasus Akkusativ; das finite Verb kongruiert nicht mit dem direkten Objekt; wenn das Subjekt vor dem finiten Verb steht, dann steht das direkte Objekt dahinter.

logisch falsch (logically false). Ein Satz ist genau dann logisch falsch, wenn er aufgrund seiner Ausdrucksbedeutung in jedem möglichen Äußerungskontext falsch ist. Beispiele: Frösche sind Reptilien, Donald ist eine Ente und Donald ist keine Ente.

logisch wahr (logically true). Ein Satz ist genau dann logisch wahr, wenn er aufgrund seiner Ausdrucksbedeutung in jedem möglichen Äußerungskontext wahr ist. Beispiele: Frösche sind Amphibien, Donald ist eine Ente oder Donald ist keine Ente, zwei mal drei ist sechs.

logische Äquivalenz (logical equivalence). Eine logische Beziehung zwischen Aussagesätzen oder Prädikatsausdrücken. Zwei Sätze sind genau dann logisch äquivalent, in Zeichen: ‚A⟺B‘, wenn sie immer gleiche Wahrheitswerte haben. Logisch äquivalente Sätze haben identische Wahrheitsbedingungen. Zwei Prädikatsausdrücke gleicher Stelligkeit sind genau dann logisch äquivalent, wenn sie für dieselben Argumente immer gleiche Wahrheitswerte ergeben. Beispiele: heute ist Montag und gestern war Sonntag, Schwiegermutter und Mutter des Ehepartners.

logische Beziehung (logical relation). Für Aussagesätze: eine Beziehung, die sich auf die Wahrheitsbedingungen der Sätze bezieht. Für Prädikatsausdrücke: eine Beziehung, die sich darauf bezieht, welche Wahrheitswerte sie ihren Argumenten zuweisen. Logische Beziehungen (außer logischer Unabhängigkeit) sind für kontingente Sätze ein Hinweis auf Bedeutungsbeziehungen. Beispiele: Implikation, Äquivalenz, Kontrarietät, Kontradiktion, logische Unterordnung, Inkompatibilität.

logische Inkompabilität (logical incompatibility). Die Beziehung der logischen Kontrarietät angewandt auf Prädikatsausdrücke. Zwei Prädikatsausdrücke gleicher Stelligkeit sind genau dann logisch inkompatibel, wenn sie in demselben Kontext für dieselben Argumente nicht beide wahr sein können. Die Denotationen inkompatibler Ausdrücke überschneiden sich nicht. Beispiele: Hund und Frosch (nichts kann gleichzeitig ein Hund und ein Frosch sein).

logische Komplementarität (logical complementarity). Die Beziehung der logischen Kontradiktion angewandt auf Prädikatsausdrücke. Zwei Prädikatsausdrücke gleicher Stelligkeit sind genau dann logisch komplementär, wenn sie in demselben Kontext für dieselben Argumente immer entgegengesetzte Wahrheitswerte ergeben. Beispiele: Schwester und Bruder in der Domäne der Geschwister, oder gerade und ungerade in dem Bereich der natürlichen Zahlen.

logische Kontradiktion (logical contradiction). Eine logische Beziehung zwischen Aussagesätzen. A und B sind genau dann zueinander kontradiktorisch, wenn sie immer entgegengesetzte Wahrheitswerte haben. Beispiele: Ein Satz und seine Negation sind immer zueinander kontradiktorisch.

logische Kontrarietät (logical contrariety). Eine logische Beziehung zwischen Aussagesätzen. A und B sind genau dann zueinander konträr, wenn sie nicht beide wahr sein können. Beispiele: das ist ein Hund und das ist ein Frosch, heute ist Dienstag und gestern war Sonntag.

logische Unabhängigkeit (logical independence). Eine logische Beziehung zwischen Aussagesätzen oder Prädikatsausdrücken. Zwei Sätze sind genau dann logisch unabhängig, wenn keiner den anderen oder seine Negation impliziert; die beiden Sätze haben voneinander unabhängige Wahrheitswerte. Zwei Prädikatsausdrücke gleicher Stelligkeit sind genau dann voneinander logisch unabhängig, wenn für beliebige Argumente mit dem Wahrheitswert, den der eine ergibt, der Wahrheitswert des anderen nicht festliegt. Beispiel: heute ist Montag und heute ist ein Feiertag.

logische Unterordnung (subordination). Eine logische Beziehung zwischen Prädikatsausdrücken, identisch mit Implikation. Die Beziehung besteht zwischen Unterbegriff und Oberbegriff. A ist B logisch untergeordnet, bzw. A ist ein Unterbegriff von B und B ein Oberbegriff von A, genau dann wenn A logisch B impliziert. Wenn A ein Unterbegriff von B ist, ist die Denotation von A eine Teilmenge der Denotation von B. Die logische Beziehung der Unterordnung ist nicht gleichzusetzen mit der Bedeutungsbeziehung der Hyponymie: Wenn A ein Hyponym von B ist, ist A notwendig Unterbegriff von B; aber die Umkehrung gilt nicht.

logische Verknüpfungen (logical connectives). Elemente logischer Sprachen wie der Aussagenlogik und der Prädikatenlogik, die mit Sätzen verknüpft werden oder Sätze zu komplexeren Sätzen verknüpfen. Standard sind die Verknüpfungen der Negation (einstellig, Symbol ¬ ‚nicht‘/‚non‘) und die zweistelligen Verknüpfungen der Konjunktion ( ‚und‘), Disjunktion ( ‚und/oder‘), Subjunktion ( ‚wenn … dann‘) und Bijunktion ( ‚genau dann wenn‘). Die Bedeutung dieser Verknüpfungen kann in Wahrheitstafeln anhand der Wahrheitswerte der verknüpften Sätze und des Resultats definiert werden, z. B.: ‚A B‘ ist genau dann wahr, wenn A und/oder B wahr ist.

Marker (engl.), auch Klassem (classeme). Ein binäres Merkmal, das elementar, generell und sprachlich motiviert ist, zum Beispiel [±weiblich], [±belebt].

Massennomen (mass noun). Ein Massennomen stellt kein Kriterium für die Individuierung seiner potenziellen Referenten bereit (kein Kriterium dafür, was 1 solcher Referent ist). Massennomen definieren ihre potenziellen Referenten als nicht näher bestimmtes Quantum (Menge oder Masse) einer bestimmten Art. Sie können daher nicht ohne Bedeutungsverschiebung im Plural oder mit Anzahlangaben verwendet werden, sondern nur im Singular. Wenn ein Massennomen auf ein Quantum x zutrifft und auf ein Quantum y, dann kann es auch verwendet werden, um auf x und y zusammen zu referieren, zum Beispiel die Gäste lobten das Bier (= alles Bier, das die einzelnen Gäste tranken). Beispiele: Wasser, Sand, Luft, Müll, Obst. Gegensatz: zählbares Nomen.

medial siehe Demonstrativum

mentalistische Semantik (mentalist semantics). Ein Ansatz, der sprachliche Bedeutungen als Konzepte im kognitiven Apparat der Sprachbenutzer betrachtet. Semantik. Eine Einführung vertritt diesen Ansatz.

Mereologie (Mereology). Ein Typ von Wortfeld. Eine Mereologie ist eine Menge von Ausdrücken, die ein hierarchisches System in Bezug auf Meronymiebeziehungen bilden. Beispiel: die Menge der Körperteilbezeichnungen für eine bestimmte Spezies.

Merkmal (feature). Eine kontrastive Eigenschaft eines Ausdrucks. Der Strukturalismus macht extensiven Gebrauch von Merkmalen, um die distinktiven Eigenschaften sprachlicher Einheiten zu erfassen. Binäre Merkmale wie [±belebt] werden in der Merkmalsemantik zur Bedeutungsdekomposition verwendet. Man unterscheidet verschiedene Typen von semantischen Merkmalen: Marker, Sem und Distinguisher. Ein Merkmal ist binär, wenn es nur zwei Werte, + und – annehmen kann; es ist elementar, wenn es nicht in andere Merkmale aufgelöst werden kann; generelle Merkmale haben einen breiten Anwendungsbereich; universelle Merkmale sind sprachübergreifend anwendbar; ein Merkmal ist sprachlich motiviert, wenn es mit einer sprachlichen Unterscheidung korreliert.

Merkmalsemantik (feature semantics) (binäre Merkmalsemantik, BMS). Ein strukturalistischer Ansatz zur Beschreibung lexikalischer Bedeutung, der Wortbedeutungen als Mengen binärer Merkmale wie [±Mensch] oder [±weiblich] betrachtet. Diese Merkmale entsprechen jeweils einer 1-stelligen Prädikation über den potenziellen Referenten des Wortes. Die Merkmalsemantik beschreibt also die Bedeutung eines Wortes als eine Menge von Bedingungen, die ein potenzieller Referent erfüllen muss. Die BMS ist damit eine Anwendung des NHB-Modells der Kategorisierung.

Meronymie (meronymy). Eine Bedeutungsbeziehung: A ist ein Meronym von B, und B ein Holonym von A genau dann, wenn A einen konstitutiven Teil von Dingen bezeichnet, die B denotiert. Beispiel: Finger ist ein Meronym von Hand.

Metapher (metaphor). Bei metaphorischem Gebrauch referiert ein Ausdruck auf Dinge, die in wesentlichen Aspekten ähnlich zu den Dingen sind, auf die der Ausdruck in seiner wörtlichen Bedeutung referiert. Das Konzept wird einem Herkunftsbereich entnommen und in den Zielbereich übertragen. Zum Beispiel ist der metaphorische Ausdruck Geldfluss vom Herkunftsbereich der Flüssigkeiten in den Zielbereich der Finanztransaktionen übertragen.

Metonymie (metonymy). Bei metonymischem Gebrauch referiert ein Ausdruck auf etwas, das zu der Art von Dingen gehört, auf die er in seiner wörtlichen Bedeutung referiert.

Modell (model). In der modelltheoretischen Semantik ist ein Modell zu einer formalen Sprache die Gesamtheit der Information, die notwendig ist, um für jeden Ausdruck der Sprache seine Interpretation (seinen ‚Wert‘) in diesem Modell festzulegen. Für Sprachen der Prädikatenlogik besteht ein Modell aus zwei Komponenten, dem sogenannten Universum (der Menge der Individuen in diesem Modell) und einer Wertzuweisung für alle Grundausdrücke der Sprache (Individuenausdrücke und Prädikatsausdrücke). Die Interpretation komplexer Ausdrücke wird durch Regeln aus der Interpretation der Grundausdrücke abgeleitet. Ein extensionales Modell definiert eine Extension für jeden Ausdruck der Sprache; ein intensionales Modell definiert eine Intension für jeden Ausdruck. Man erhält ein extensionales Modell aus einem intensionalen Modell, indem man eine mögliche Welt und dadurch die Werte aller Intensionen festlegt.

modelltheoretische Semantik (model-theoretic semantics). In der modelltheoretischen Semantik werden den Ausdrücken einer formalen oder natürlichen Sprache Interpretationen zugewiesen, indem man ein sogenanntes Modell angibt. Ein Modell weist jedem Basisausdruck (lexikalischen Ausdruck) eine Interpretation zu und legt Kompositionsregeln fest, nach denen sich die Bedeutung komplexer Ausdrücke ergibt, entsprechend dem Kompositionalitätsprinzip. Modelltheoretische Semantik wird für formale Sprachen wie die der Prädikatenlogik verwendet, um systematisch die Wahrheitsbedingungen für die Aussagen der Sprache zu definieren. In der Formalen Semantik wird eine modelltheoretische Semantik für natürliche Sprache eingesetzt.

mögliche Welt (possible world). Grundbegriff der Mögliche-Welten-Semantik, allgemeiner: der Formalen Semantik. Eine mögliche Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, von denen abhängt, worauf Ausdrücke referieren, und ob die Sätze einer Sprache wahr oder falsch sind. In einer gegebenen möglichen Welt liegt fest, worauf ein Ausdruck referiert oder welchen Wahrheitswert ein Satz oder eine Prädikation hat. Im Wesentlichen entspricht eine mögliche Welt in der Formalen Semantik dem, was in anderen Ansätzen ein Äußerungskontext genannt wird.

Mögliche-Welten-Semantik (possible-world semantics). Die Mögliche-Welten-Semantik definiert Interpretationen von Ausdrücken aus formalen oder natürlichen Sprachen durch eine modelltheoretische Semantik mit intensionalen Modellen. In einer Mögliche-Welten-Semantik sind Bedeutungen Intensionen, d. h. Funktionen, die einem Ausdruck für jede mögliche Welt seine Extension in dieser Welt zuordnen: seinen Wahrheitswert, wenn es ein Satz ist, seinen Referenten, wenn es ein referierender Ausdruck ist, oder ein m-Prädikat, wenn es sich um einen Prädikatsausdruck handelt.

Monosemie (monosemy). Ein Lexem ist monosem, wenn es nur 1 lexikalische Bedeutungvariante hat. Gegenteil: Polysemie.

Montaguegrammatik (Montague Grammar).
(1) Eine Sprachtheorie, die von Richard Montague (1930–1970) entwickelt wurde. Die Montaguegrammatik ist das erste System der Formalen Semantik. Sie benutzt Beschreibungsmittel, die für formale Sprachen entwickelt wurden, für die Syntax und Semantik von Fragmenten natürlicher Sprache.
(2) Die Beschreibung eines solchen Fragments wird eine Montaguegrammatik genannt. Eine Montaguegrammatik setzt mit einer Ausdrucksbasis lexikalischer Ausdrücke an, die syntaktischen Kategorien (wie Adjektiv, Nomen) zugeordnet sind; Syntaxregeln erlauben die Bildung komplexer Ausdrücke. Die Ausdrucksbasis und die Syntaxregeln bilden die Syntaxkomponente einer Montaguegrammatik. Für die semantische Beschreibung wird jedem Basisausdruck eine Interpretation zugewiesen; die Bedeutung komplexer Ausdrücke ergibt sich nach Kompositionsregeln, die mit den Syntaxregeln Hand in Hand gehen: Für alle komplexen Ausdrücke AB, die nach einer Syntaxregel SR aus den Teilausdrücken A und B gebildet werden, ergibt sich die Bedeutung von AB nach der entsprechenden Kompositionsregel KR aus den Bedeutungen von A und B. In den meisten Montaguegrammatiken wird die Interpretation dadurch geleistet, dass die natürlichsprachlichen Ausdrücke zunächst nach festen Regeln in eine geeignete prädikatenlogische Sprache übersetzt werden (siehe Formale Semantik).

Morphem (morpheme). Die kleinste sprachliche Einheit, die eine Bedeutung trägt. Beispiele: Buch, such, auch -chen, un- und andere Affixe. Freie Morpheme (Buch, such) können als ganze Wörter verwendet werden, gebundene Morpheme (-chen, un-) nur als Teil eines Wortes.

m-Prädikat (m-predicate). ‚Prädikat‘ im Sinne der Mathematik: eine mathematische Funktion, die ihren Argumenten einen Wahrheitswert zuordnet, zum Beispiel die Funktion HUND, die allen Hunden den Wahrheitswert 1 zuweist und allem, was kein Hund ist, den Wahrheitswert 0. Es gibt eine direkte Entsprechung zwischen einem m-Prädikat und der Menge aller Gegenstände oder Tupel, denen es den Wert 1 zuweist; zum Beispiel definiert das m-Prädikat HUND die Menge aller Hunde (und umgekehrt) und das zweistellige m-Prädikat TANTE definiert die Menge aller Paare x,y, bei denen x eine Tante von y ist. In der modelltheoretischen Semantik werden m-Prädikate oder die entsprechenden Mengen als Interpretationen von Prädikatsausdrücken angesetzt. Die Beziehung und der Unterschied zwischen Prädikaten und m-Prädikaten ist folgender: Ein Prädikat ist ein Konzept, das angewandt auf ein Argument zutrifft oder nicht und damit einen Wahrheitswert ergibt; ein m-Prädikat ist eine mathematische Funktion, die ihren Argumenten einen Wahrheitswert zuordnet. Mathematische Funktionen sind inhaltsleer; sie sind keine kognitiven Konzepte. Zu jedem (konzeptuellen) Prädikat gibt es ein m-Prädikat, das dieselben Wahrheitswerte zuordnet; dieselben Ergebnisse können aber auch durch konzeptuell verschiedene Prädikate zustande kommen. Mit einem m-Prädikat ist daher kein zugehöriges Prädikat(skonzept) festgelegt.

Natural Semantic Metalanguage (NSM). Ein Ansatz zur Dekomposition lexikalischer Bedeutung, der von Anna Wierzbicka entwickelt wurde. In der NSM werden lexikalische Bedeutungen dekomponiert, indem sie durch semantische Primitive umschrieben werden, die es in allen Sprachen (Hypothese) gibt, zum Beispiel someone, good, big, want, after etc.

Negation (negation). Eine syntaktische Operation auf Sätzen, die das Ergebnis der zentralen Prädikation umkehrt. Bei Deklarativsätzen kehrt die Negation den Wahrheitswert um; sie macht aus einem wahren Satz einen falschen und aus einem falschen einen wahren. Im Deutschen wird die Negation im Normalfall durch Hinzufügung von nicht zum finiten Verb realisiert. Die Standardnegation bewahrt die Präsuppositionen des Satzes, nicht dagegen eine radikale Negation. In formalen Logiksprachen wie die der Aussagenlogik und Prädikatenlogik wird die Negation einer Formel ausgedrückt, indem man ihr die Verknüpfung ¬ (Negator) voranstellt.

Negationstest (negation test). Ein Standardtest für Präsuppositionen. Eine Bedingung ist eine Präsupposition eines Satzes, wenn sie sowohl für den Satz als auch für seine Negation erforderlich ist, damit er in dem gegebenen Äußerungskontext interpretierbar ist. Zum Beispiel erfordert (= präsupponiert) der Satz sie hat das Licht angemacht ebenso wie seine Negation sie hat das Licht nicht angemacht, dass das besagte Licht nicht an war.

NHB-Modell (NSC model). Ein allgemeines Modell der Kategorisierung, das auf ‚notwendigen und hinreichenden Bedingungen‘ basiert; es wird Aristoteles zugeschrieben. Nach dem NHB-Modell ist eine Kategorie durch eine Menge von notwendigen Bedingungen für seine Mitglieder definiert, die zusammen hinreichend für die Mitgliedschaft sind. Wenn etwas alle notwendigen Bedingungen erfüllt, gehört es zu dieser Kategorie; umgekehrt erfüllen alle Mitglieder der Kategorie alle Bedingungen. Die Binäre Merkmalsemantik ist eine Anwendung des NHB-Modells.

Nomen (noun). Eine syntaktische Kategorie von Inhaltswörtern. Nomen sind Prädikatsausdrücke, deren primäre Funktion in der Referenz auf Dinge besteht. Nomen lassen sich in vier Begriffstypen unterteilen: Individuenbegriffe und sortale Nomen sind einstellig, relationale Nomen und Funktionalbegriffe zwei- oder mehrstellig; Individual- und Funktionalbegriffe sind inhärent eindeutig. Alle Nomen haben ein referenzielles Argument, den potenziellen Referenten. Mehrstellige Nomen haben zusätzlich ein oder mehrere relationale Argumente, von denen das erste in der Regel durch eine Possessivkonstruktion spezifiziert wird. Unabhängig von den Begriffstypen unterscheidet man zwischen zählbaren Nomen und Massennomen. Im Satz treten Nomen als vollständige Nominalphrasen (Erika, Kinder, Moos) oder als Kopf einer NP auf (das Buch, eine alte Frau, jeder Tag). Außer in referenzieller Funktion können Nomen auch prädikativ verwendet werden, wie etwa in dem Satz das ist eine Schnecke. In prädikativer Funktion referieren Nomen nicht, sondern prädizieren über das Subjekt der Konstruktion. Nomen können, je nach Sprache, grammatische Eigenschaften, zum Beispiel Genus besitzen.

Nomenzwiebel (nominal onion). Modell der funktionalen Schichten der NP. Nomenstamm < Adjektiv < Quantitätsangabe < Determination < Quantifikation.

Nominalphrase, NP (noun phrase, NP). Grammatische Konstituente mit einem Nomen als Kopf oder ganz aus einem Nomen oder Pronomen bestehend, zum Beispiel Erika, Kinder, die dumme Gans, meine Tante, sie usw. NPs tragen eine Determination, zum Beispiel definit oder indefinit, und können dementsprechend Determinatoren wie Artikel enthalten. Die primäre Funktion von NPs ist es, als Subjekt oder Objekt die Argumente des Verbs zu spezifizieren und darauf zu referieren; quantifizierende NPs dienen der Quantifikation. NPs sind Träger von grammatischen Kategorien wie Numerus, Kasus und Genus. Die Nomenzwiebel ist ein Modell der funktionalen Schichtung von NPs.

Non-Past (engl.) (non-past tense). Allgemein sprachübergreifend: ein Tempus, das das Tempusargument in der Gegenwart oder Zukunft der Äußerungszeit lokalisiert.

Numerus (grammatical number). Eine grammatische Kategorie von NPs, die die Menge der Fälle, auf die referiert wird, betrifft: Singular (1 Fall), Plural (>1), Dual (2), Trial (3), Paukal (wenige). Auch finite Verben, Adjektive und Determinierer, die mit einer pluralischen NP kongruieren, können die Kategorie Numerus tragen.

Oberbegriff (superordinate) siehe logische Unterordnung

Objekt (object) (grammatisch). Eine NP, die nach dem Subjekt ein zweites oder drittes Verbargument spezifiziert. Ein direktes Objekt spezifiziert typischerweise ein Argument in der thematischen Rolle eines Thema oder Patiens; in einer Kasussprache trägt es gewöhnlich den Kasus Akkusativ; ein direktes Objekt wird bei der Passivdiathese zum Subjekt des Satzes. Ein indirektes Objekt spezifiziert typischerweise ein Ziel oder einen Rezipienten; in Kasussprachen trägt es oft den Dativ.

oblique (oblique). Ein Komplement (oder Adjunkt), das nicht Subjekt oder direktes Objekt ist, ist oblique. Beispiele: Sie schrieb den Brief mit einem stumpfen Bleistift, der Brief wurde von einem Kind geschrieben.

Opposition (opposition). Gegenteilbeziehung. Ein allgemeiner Typ von Bedeutungsbeziehungen. Wenn zwei Ausdrücke zueinander in einer Gegenteilbeziehung stehen, haben sie dieselbe Bedeutung bis auf einen Aspekt, in dem sie sich unterscheiden. Beispiele: Antonymie, direktionale Opposition, Heteronymie, Komplementarität und Konversität.

Ortsdeixis (place deixis). Deixis, die sich auf den Ort der Äußerung bezieht, der wiederum dadurch bestimmt ist, wo sich Sprecher und Adressaten befinden. Beispiel: hier, da und dort sowie Demonstrativa.

Paradigma (paradigm).
(1) Eine geschlossene Menge von Ausdrücken oder grammatischen Formen eines Ausdrucks, die in bestimmten Aspekten variieren, zum Beispiel das Paradigma der Personalpronomen, das Paradigma der grammatischen Formen eines Verbs, eines Nomens oder eines Adjektivs.
(2) Ein Grundbegriff des Strukturalismus: die Menge aller sprachlichen Einheiten, die nach den Regeln des Sprachsystems eine bestimmte Position in einem gegebenen Syntagma einnehmen können.

paradigmatische Relation (paradigmatic relation). Ein Grundbegriff des Strukturalismus: eine Relation zwischen den Elementen eines Paradigmas. Beispiele: phonologische Oppositionen wie ‚stimmhaft‘ vs. ‚stimmlos‘, oder Bedeutungsbeziehungen zwischen Ausdrücken derselben Kategorie wie Hyponymie, Synonymie, Oppositionen, Meronymie etc.

partitiv (partitive). Eine NP ist partitiv, wenn sie die Form ‚Pronomen + Genitiv-NP‘ oder ‚Pronomen + von-PP‘ hat, oder wenn sie so interpretiert wird, zum Beispiel drei [der/von den] Studentinnen. Partitive NPs referieren definit auf das Ganze, das durch ‚[die] N‘ (zum Beispiel die Studentinnen) bezeichnet wird, und referieren indefinit auf einen Teil dieses Ganzen, wobei das Pronomen den Umfang dieses Teils angibt.

Partizipant (participant). Argument einer Verbprädikation. Siehe thematische Rolle.

Passiv (passive voice). Eine bestimmte Diathese des Verbs; ein Agens wird nicht als Subjekt realisiert, sondern weggelassen oder durch ein obliques Komplement spezifiziert. Beispiel: der Aufsatz wurde 2006 [von Emil] geschrieben (Passiv) vs. Emil schrieb den Aufsatz 2006 (Aktiv).

Past (past) siehe Präteritum

Patiens (patient). Eine thematische Rolle. Ein [belebter] Patiens ist von dem ausgedrückten Ereignis unmittelbar betroffen. Wenn ein Verb ein Patiensargument und ein Agensargument hat, wird der Patiens durch das direkte Objekt spezifiziert (wenn das Verb im Aktiv benutzt wird). Beispiel: die thematische Rolle, die das direkte Objekt von besuchen, schlagen, beobachten angibt.

pejorativ (pejorative). Ein Ausdruck ist pejorativ, wenn er eine negative expressive Bedeutung besitzt; Beispiel: Schimpfwörter.

Perfekt (perfect).
(1) Ein Aspekt. Zu der Zeit, auf die Bezug genommen wird und die das Tempusargument bildet, besteht ein Zustand, der aus der vom Verb ausgedrückten Situation resultiert. Varianten des Perfektaspekts sind das resultative Perfekt und das Erfahrungsperfekt.
(2) In der traditionellen deutschen Grammatikterminologie wird mit ‚Perfekt‘ auch die Verbform Partizip 2 mit haben/sein bezeichnet: sie hat gearbeitet, er ist eingeschlafen; diese Form wird traditionell als ein ‚Tempus‘ bezeichnet. Perfektaspekt wird im Deutschen durch die Verbformen ‚Perfekt‘, ‚Plusquamperfekt‘ und ‚Futur 2‘ ausgedrückt, in denen der Aspekt Perfekt mit den Tempora Non-Past (‚Perfekt‘), Präteritum (‚Plusquamperfekt‘) bzw. Futur (‚Futur 2‘) kombiniert wird. Jedoch gilt die Umkehrung nicht: die drei Formen werden auch gebraucht um Fälle auszudrücken, die anderen Aspekt haben; zum Beispiel kann die ‚Perfekt‘-Form auch als Past-Tempusform mit imperfektivem oder perfektivem Aspekt verwendet werden: sie hat gearbeitet = sie arbeitete.

Perfektiv / perfektiver Aspekt (perfective aspect). Perfektiver und imperfektiver Aspekt sind die beiden wichtigsten Aspekte. Beim perfektiven Aspekt fungiert die gesamte ausgedrückte Situation als Tempusargument, sie wird als Ganzes vom Tempus zeitlich eingeordnet. Im Deutschen gibt es keine unterschiedlichen Verbformen für imperfektiven und perfektiven Aspekt. Im Englischen kann bei Verben, die keinen Zustand ausdrücken, der Unterschied durch die Wahl der einfachen Form (perfektiv) oder der Progressivform (imperfektiv) explizit gemacht werden; Beispiel: She closed the windows (perfektiv) vs. she was closing the windows (imperfektiv).

Person, grammatische (person, grammatical). Eine grammatische Kategorie, die sich auf die Teilnehmerrollen in einem Äußerungskontext bezieht: SprecherIn, Adressat(en)/Adressatin(nen) und Dritte. Sprecher oder Sprecherin sind 1. Person, Adressierte 2. Person, alle, die weder die Äußerung produzieren noch adressiert sind, sind 3. Person. Die Kategorie Person spielt eine Rolle in Systemen von Personal- und Possessivpronomen und in der Verbflexion.

Personaldeixis (person deixis). Deixis, die sich auf die Teilnehmerrollen in einem Äußerungskontext bezieht: SprecherIn, Adressat(en)/Adressatin(nen) und Dritte. Beispiel: Personalpronomen und Possessivpronomen.

Personalpronomen (personal pronoun). Ein Pronomen der Kategorie NP wie ich, du, Sie, das seinen Referenten nach grammatischen Kategorien wie Person, Numerus und Genus oder Förmlichkeit bestimmt. Personalpronomen sind definit.

Phonem (phoneme). Eine minimale Lauteinheit auf der Ebene der Lautstruktur, zum Beispiel /k/.

Plural (plural). Ein Numerus; eine grammatische Kategorie von NPs und damit kongruierenden Verben, Adjektiven und Determinierern (Beispiel die [Plural] müden [Plural] Kinder [Plural] schlafen [Plural]). Am zählbaren Nomen drückt der Plural im Normalfall gleichzeitige Referenz auf mehrere Fälle von dem aus, was das Nomen im Singular bezeichnet. Andersartig ist der assoziative Plural, der zum Beispiel bei wir und ihr vorliegt. Im Verhältnis einer pluralischen NP zu der VP-Prädikation wird zwischen distributiver und kollektiver Prädikation unterschieden; entsprechend ist oft von distributivem oder kollektivem Plural die Rede.

Polarisation (polarization). Das Phänomen, dass alle sprachlichen Aussagen (allgemeiner: Prädikationen) einem binären Entweder-Oder-Modus unterliegen: entweder wahr oder falsch.

Polaritätsprinzip (Principle of Polarity), auch Gesetz vom ausgeschlossenen Dritten, lat. Tertium non datur) Ein fundamentales Prinzip der Logik, das von Aristoteles formuliert wurde: ‚In einem gegebenen ÄK, mit einer gegebenen Lesart, ist ein Deklarativsatz entweder wahr oder falsch.‘ Wenn Präsuppositionen berücksichtig werden, nimmt das Polaritätsprinzip die folgende Form an: ‚Ein Deklarativsatz in einer gegebenen Lesart ist in jedem ÄK, in dem alle Präsuppositionen erfüllt sind, entweder wahr oder falsch.‘

Polysemie (polysemy). Ein Typ von lexikalischer Ambiguität. Ein Lexem ist polysem, wenn es mehrere miteinander verbundene Bedeutungsvarianten hat. Beispiel: Eis (a) ›gefrorenes Wasser‹, (b) ›Speiseeis‹. Gegenteil: monosem.

Possession (possession). Eine Beziehung zwischen dem Referenten eines Nomens und einem ‚Possessor‘, die durch eine Possessivkonstruktion ausgedrückt wird.

Possessivkonstruktion (possessive construction). Eine Possessivkonstruktion gibt einen Possessor für den Referenten eines anderen Nomens an. Der Referent des Nomens, zu dem ein Possessor bestimmt wird, wird Possessum genannt. Beispiele im Deutschen wären die Konstruktionen mein N, Hermanns N, N eines Malers oder N von dem Maler. Bei relationalen Nomen ist das referenzielle Argument (der Referent) Possessum und das relationale Argument Possessor; die Beziehung zwischen Possessor und Possessum ist in der Nomenbedeutung festgeschrieben. Zum Beispiel ist die Beziehung bei dem relationalen Nomen Tante die, dass Possessum Tante von Possessor ist (vgl. meine Tante). Bei nichtrelationalen Nomen wie Gemälde, muss die Relation zum Possessor aus dem Kontext erschlossen werden; zum Beispiel kann Susannes Gemälde ein Gemälde bezeichnen, das Susanne gemalt hat, das ihr gehört oder zu dem sie in einem Seminar ein Referat übernommen hat.

Possessivpronomen (possessive pronoun). Ein Pronomen wie mein, dein, ihr, das den Possessor nach grammatischen Kategorien wie Person, Numerus und Genus bestimmt.

Prädikat (predicate). Die Bedeutung eines Prädikatsausdrucks. Ein Prädikat ist ein Konzept, das auf ein Argument oder ein Set von Argumenten angewandt entweder zutrifft oder nicht, d. h. wahr ist oder falsch. Zum Beispiel ist ›Katze‹ das Konzept, das auf alle Katzen zutrifft und auf alles andere nicht.

Prädikatenlogik (predicate logic). Eine Familie von formalen Logiksprachen mit zugehöriger Semantik, deren sprachliches Inventar Invididuenterme (Individuenkonstanten oder –variablen), Prädikatskonstanten und Funktionskonstanten sind. Das gilt für Sprachen der ersten Stufe. Mit diesem Inventar gebildete Formeln können mit logischen Verknüpfungen (Negation, Konjunktion usw.) und Quantoren (Existenzquantor und Allquantor ) verknüpft werden.

Prädikation (predication). Eine Aussage mithilfe eines Prädikatsausdrucks über sein(e) Argument(e). Zum Beispiel wird in dem Satz die Katze ist verschreckt mit der VP ist verschreckt über die besagte Katze prädiziert (dass sie verschreckt sei) und das Nomen Katze prädiziert über seinen Referenten, dass er eine Katze sei.

prädikativ (predicative). Eine Verwendungsweise von Prädikatsausdrücken: Der Ausdruck prädiziert über Argumente, die durch separate Satzkomponenten spezifiziert werden. In Satzkonstruktionen mit Verb, Subjekt und/oder Objekt(en) ist das Verb prädikativ verwendet und prädiziert über die Referenten von Subjekt und/oder Objekt(en). Nomen und Adjektive werden prädikativ in Kopulakonstruktionen verwendet, zum Beispiel das ist eine Katze, das Essen war scheußlich.

Prädikatsausdruck (predicate term, predicate expression). Ein Ausdruck, der zur Prädikation verwendet wird. Nomen und Verben und die meisten Adjektive und Adverbien sind Prädikatsausdrücke. Daraus können auch komplexe Prädikatsausdrücke gebildet werden, zum Beispiel grünes Auto, einen Apfel essen, schnell sprechen.

Prädikatskonstante (predicate constant). Ein Typ von Ausdruck in prädikatenlogischen Sprachen. In einem Modell wird Prädikatskonstanten als Interpretation ein m-Prädikat entsprechender Stelligkeit fest zugeordnet. Nach den Syntaxregeln der Prädikatenlogik werden n-stellige Prädikatsausdrücke mit n Invididuentermen kombiniert und ergeben auf diese Weise eine Aussage.

pragmatische Eindeutigkeit (pragmatic uniqueness). Eindeutigkeit der Referenz einer definiten NP, die sich auf die besonderen Umstände in einem gegebenen Äußerungskontext stützt. Pragmatisch eindeutig sind zum Beispiel deiktische und anaphorische definite NPs. Gegensatz: semantische Eindeutigkeit.

Präpositionalphrase, PP (prepositional phrase, PP). Syntaktische Phrase, die aus einer Präposition und einer NP gebildet wird, zum Beispiel mit + dem Löffel, bei + uns.

Präsens (present tense).
(1) [= Present] Allgemein sprachübergreifend: ein Tempus, das das Tempusargument in der Gegenwart (Äußerungszeit) lokalisiert.
(2) Im Deutschen eine Verbform, zum Beispiel ich bin, sie laufen. Das Tempus der deutschen ‚Präsens‘-Form ist nicht Präsens, sondern Non-Past.

Präsupposition (presupposition). Die Präsuppositionen eines Satzes sind die Bedingungen, die der Äußerungskontext erfüllen muss, damit der Satz in diesem Kontext sinnvoll anwendbar ist; für Deklarativsätze sind sie die Vorbedingung dafür, dass sie in dem Kontext überhaupt wahr oder falsch sind. Präsuppositionen können mit dem Negationstest und dem Fragetest diagnostiziert werden. Sie rühren von Präsuppositionsträgern oder bestimmten Konstruktionen her, die in dem Satz verwendet werden.

Präsuppositionsträger (presupposition carrier). Ein Ausdruck, der als Teil seiner Bedeutung eine Präsupposition als Bedingung an den Äußerungskontext transportiert. Präsuppositionsträger sind u. a. definite NPs (darunter auch Eigennamen und Personalpronomen, siehe Eindeutigkeitspräsupposition, Existenzpräsupposition), Prädikatsausdrücke (wegen ihrer Selektionsbeschränkungen), Wechselverben, faktive Verben und verschiedenartige andere Sorten von Ausdrücken.

Präteritum (past tense).
(1) [= Past] Allgemein sprachübergreifend: ein Tempus, das das Tempusargument in der Vergangenheit der Äußerungszeit lokalisiert.
(2) Name einer Verbform im Deutschen: ich war, sie liefen. Das Tempus der deutschen ‚Präteritum‘-Form ist Präteritum, jedoch kann das Tempus Präteritum im Deutschen auch durch die ‚Perfekt‘-Form ausgedrückt werden: ich habe gearbeitet, sie sind gelaufen.

Present (present) siehe Präsens

Primformel (prime formula). Ein Begriff aus der Prädikatenlogik: eine Formel, die keine logischen Verknüpfungen oder Quantoren enthält. Eine Primformel besteht aus einer n-stelligen Prädikatskonstanten, die mit n Invididuentermen als Argumentausdrücken verknüpft ist, z. B. ‚rot(a)‘ oder sie ist von der Form ‚a=b‘ mit Individuentermen ‚a‘ und ‚b‘.

Primitiv (prime) siehe semantisches Primitiv

Prinzip der konsistenten Interpretation (Principle of Consistent Interpretation). ‚Ein zusammengesetzter Ausdruck wird auf der Ebene der Äußerungsbedeutung immer so interpretiert, dass seine Teile zueinander und er selbst in den Kontext passt.‘

produktiv (productive). Ein Wortbildungsmuster ist produktiv, wenn es auf eine offene Klasse von Wörtern angewandt werden kann; zum Beispiel ist die Ableitung von Adjektiven aus Verben durch Suffigierung mit -bar (essbar, lesbar, usw.) ein produktives Muster im Deutschen.

Progressiv (progressive aspect).
(1) Allgemein sprachübergreifend: eine Variante des imperfektiven Aspekts, in der die Situation als Prozess dargestellt wird, der zu der gegebenen Zeit gerade im Gange ist. Aussagen im Progressiv sind Zustandsaussagen (über einen dynamischen Zustand des Im-Gange-Seins).
(2) Eine Verbform in bestimmten Sprachen, die progressiven Aspekt ausdrückt. Im Englischen wird das Progressiv durch die Form be_V-ing ausgedrückt, z. B. I’m working; die Form kann jedoch auch prospektiven Aspekt bedeuten (I’m leaving tomorrow morning). In der deutschen Umgangssprache ist die ‚rheinische Verlaufsform‘ am_V-Infinitiv_sein eine Progressivform; Beispiel: ich bin am Arbeiten.

Projektionsproblem (projection problem). Die Frage, wie und ob sich für einen komplexen Satz die Präsuppositionen seiner Komponenten auf den ganzen Satz übertragen.

Proposition (proposition).
(1) In der allgemeinen Semantik: die deskriptive Bedeutung eines Satzes auf der Ebene der Ausdrucksbedeutung, ein Konzept für seine potenziellen Referenzsituationen.
(2) In der Mögliche-Welten-Semantik: die Intension eines Satzes, d. h. eine Funktion, die jeder möglichen Welt den Wahrheitswert des Satzes in dieser Welt zuordnet.

propositionale Bedeutung soviel wie deskriptive Bedeutung

Propositus (propositus). Das relationale Argument von Verwandtschaftsbegriffen.

Prospektiv, prospektiver Aspekt (prospective aspect). Zu der Zeit, auf die Bezug genommen wird, das Tempusargument, besteht ein Zustand, der zu der vom Verb ausgedrückten Situation führt. Beispiel im Englischen: I’m leaving tomorrow morning.

Prototyp (prototype). Prototypen sind diejenigen Fälle, die eine Kategorie am besten repräsentieren. Es gibt verschiedene Auffassungen davon, was Prototypen genau sind. Für manche sind Prototypen besonders typische Mitglieder der Kategorie (z. B. Ronaldo für die Kategorie Fussballstar), für andere sind Prototypen bestimmte Subkategorien (z. B. Rotkehlchen für die Kategorie Vogel), noch andere betrachten Prototypen als abstrakte Fälle, die die prototypischen Eigenschaften der Mitglieder der Kategorie auf sich vereinen.

Prototypensemantik (prototype semantics). Semantischer Ansatz, der die Prototypentheorie der Kategorisierung zugrunde legt. Nach diesem Ansatz sind die Denotationen von Inhaltswörtern unscharfe Kategorien mit gradueller Zugehörigkeit, und Prädikationen ergeben graduelle Wahrheitswerte.

Prototypentheorie (prototype theory). Eine Theorie der kognitiven Kategorisierung, in der angenommen wird, dass Kategorienzugehörigkeit eine Frage der Ähnlichkeit zu einem Prototypen für die Kategorie ist. In der Prototypentheorie wird angenommen, dass Kategorien generell unscharfe Grenzen und eine abgestufte innere Struktur haben. Die Zugehörigkeit zu einer Kategorie ist graduell: Ein Gegenstand gehört zu einer bestimmten Kategorie zu dem Grad, zu dem er dem Prototyp ähnelt. Die Prototypentheorie ist ein alternativer Entwurf zum klassischen NHB-Modell der Kategorisierung.

proximal siehe Demonstrativum

Prozessausdruck (process term). Eine aspektuelle Klasse von Verben und VPs. Prozessausdrücke beschreiben eine Situation als fortgesetzten gleichförmigen Wechsel. Beispiele: regnen, arbeiten, laufen. Ein Prozesskonzept enthält keine Kulminationskomponente. Prozessausdrücke können im Progressiv verwendet werden und erlauben Zeitdauerangaben, aber keine Zeitbedarfs- oder Zeitpunktangaben.

Quantifikation (quantification).
(1) In natürlicher Sprache: ein komplexer Typ von Determination: es wird angegeben, in welchem Maß die quantifizierte Prädikation auf die Elemente eines gegebenen Quantifikationsbereichs zutrifft (referenzielle Quantifikation) oder für eine gedachte Kategorie von Fällen (generische Quantifikation). Beispiele: jeder Teilnehmer bekommt einen Schein (nicht-generisch interpretiert); der Quantifikationsbereich ist die Menge der Teilnehmer, auf die sich jeder Teilnehmer in dem gegebenen Kontext bezieht, das quantifizierte Prädikat ist ‚bekommt einen Schein‘, der quantifizierende Determinator jed- gibt an, dass das Prädikat für jeden Teilnehmer in dem Quantifikationsbereich gilt.
(2) In der Prädikatenlogik: der Einsatz eines Quantors ( oder ).

Quantifikationsbereich (domain of quantification) siehe Quantifikation

quantifizierende NP (quantifying NP). Quantifizierende NPs enthalten als Determinator einen Ausdruck wie jeder, beide oder manche, oder sie haben die Form einer indefiniten NP mit Quantitätsangabe. Die erste Variante kann generisch (Beispiel: jedes Kind hat Anspruch auf einen Kindergartenplatz) oder episodisch verwendet werden (Beispiel: jedes Kind hat sich dreckig gemacht); die zweite nur episodisch. Quantifizierende NPs in Form einer indefiniten NP mit Quantitätsangabe sind entweder explizit oder implizit partitiv (drei von den Kindern). Episodisch quantifizierende NPs referieren definit auf die Gesamtheit der Fälle in dem gegebenen Äußerungskontext (= Quantifikationsbereich) und sie geben an, auf wie viele davon die VP (= die quantifizierte Prädikation) zutrifft.

Quantitätsangabe (quantity specification). Möglicher Bestandteil von NPs, der eine Mengenangabe über den Referenten der NP macht. Zählbare Nomen können zwecks Quantitätsspezifikation mit Zahlwörtern oder vagen Mengenangaben wie einige, ein paar, etliche verwendet werden; für Massennomen stehen Maßangaben wie zwei Liter zur Verfügung sowie vage Mengenangaben wie etwas, ein bisschen oder viel.

Quantor (quantifier). In der Prädikatenlogik gibt es zwei Quantoren, den Existenzquantor und den Allquantor . Sie werden mit einer Variable kombiniert einer Formel vorangestellt, zum Beispiel ‚x rot(x)‘ oder ‚x rot(x)‘ und ergeben wieder eine Formel. ‚x …‘ wird gelesen; ‚es gibt mindestens ein x, für das gilt …‘, und ‚x …‘ als ‚für jedes x gilt: … x‘. Man nennt die Formel, der ein Quantor vorangestellt ist, den Skopus (Anwendungsbereich) des Quantors; in den beiden Beispielen ist es die Formel ‚rot(x)‘. In seinem Skopus ‚bindet‘ ein Quantor die Variable, mit der er kombiniert ist.

Radikalnegation (radical negation). Negation, die auch Präsuppositionen des Satzes mit erfasst. Beispiel: Ich habe das Licht NICHT ausgemacht – es war überhaupt nicht an.

Referent (referent)
(1) Das, worauf ein Ausdruck referiert (siehe Referenz).
(2) In der Frametheorie: das, was der Frame beschreibt.

Referenz (reference). Verwendung eines Ausdrucks zur unmittelbaren Bezugnahme auf Dinge in der Welt: Gegenstände, Zeiten, Ereignisse usw. Der Ausdruck referiert auf seinen Referenten, bzw. referiert der Sprecher mithilfe des Ausdrucks auf dessen Referenten. Die Referenz eines Ausdrucks wird erst auf der Ebene der Äußerungsbedeutung in einem konkreten Äußerungskontext festgelegt. Sie bestimmt sich aus der deskriptiven Bedeutung des Ausdrucks und der Faktenlage im gegebenen Kontext.

referenzielles Argument (referential argument). Argument eines Nomens oder Verbs, das zugleich sein Referent ist. Das referenzielle Argument eines Nomens ist der potenzielle Referent der NP; das referenzielle Argument eines Verbs ist die Situation, auf die es referiert; bei der Bestimmung der Stelligkeit eines Verbs wird das referenzielle Argument nicht mitgezählt.

Referenzsituation (situation referred to), Bezugssituation. Die Gesamtsituation, auf die ein Satz mit deskriptiver Bedeutung in einem gegebenen Äußerungskontext referiert.

Rektionskompositum (synthetic compound). Ein Typ von Nomen-Nomen-Kompositum: Der Kopf ist ein deverbales Nomen und der Modifizierer spezifiziert ein Argument des Verbs: zum Beispiel Auto+fahrer, Fußboden+heizung, Fußball+spiel.

Relation (relation), siehe Beziehung.

relationales Argument (relational argument). Jedes nicht-referenzielle Argument eines relationalen Nomens oder mehrstelligen Adjektivs (wie stolz auf, zufrieden mit, größer als).

relationales Nomen, relationaler Begriff (relational noun). Relationale Nomen haben zusätzlich zu ihrem referenziellen Argument ein oder mehr relationale Argumente; wenn sie 1 relationales Argument haben, wird es in der Regel durch eine Possessivkonstruktion spezifiziert. In der Bedeutung eines relationalen Nomens ist auch die Beziehung zwischen den relationalen Argumenten und dem referenziellen Argument festgelegt. Ein Sonderfall der relationalen Nomen sind funktionale Nomen. Beispiele für (nichtfunktionale) relationale Nomen: Schwester (von), Kind (von), Freund (von), Teil (von), Eigenschaft (von), Aspekt (von), Merkmal (von).

Relativismus (relativism). Eine Position zum Zusammenhang zwischen Sprache, Denken und Kultur. Nach der Sicht des radikalen Relativismus ist jede Sprache ein einzigartiges System für sich, das durch ihr Vokabular und ihre Grammatik dafür verantwortlich ist, wie ihre Benutzer die Welt sehen (siehe Sapir-Whorf-Hypothese). Nach einer gemäßigteren Version des Relativismus beeinflusst die Sprache das Denken. Gegensatz: Universalismus.

resultatives Perfekt (resultative perfect). Eine Variante des Perfektaspekts, die eine Situation ausdrückt, die aus dem bezeichneten Ereignis resultiert. Beispiel: ich habe den Herd ausgeschaltet [→ der Herd ist ausgeschaltet].

Rezipient (recipient). Thematische Rolle: eine Person, die durch das Ereignis, auf das das Verb referiert, etwas erhält. Beispiel: In Sätzen wie ich gebe ihr die Adresse, ich antworte ihr, ich helfe ihr spezifiziert das Dativobjekt den Rezipienten.

reziprok (reciprocal). Ein Ausdruck ist reziprok, wenn er zu sich selbst konvers ist; er betrifft zwei Argumente, und die sind vertauschbar. Beispiele: verschieden von, Gegenteil von, neben (x ist verschieden von / das Gegenteil von / neben y = y ist verschieden von / das Gegenteil von / neben x).

Rolle siehe thematische Rolle

Sapir-Whorf-Hypothese (Sapir-Whorf hypothesis). Eine relativistische These, die den amerikanischen Linguisten Edward Sapir (1884–1939) und Benjamin Lee Whorf (1897–1941) zugeschrieben wird: Formulation of ideas is not an independent process, strictly rational in the old sense, but is part of a particular grammar, and differs, from slightly to greatly, between different grammars. We dissect nature along lines laid down by our native languages. … (zitiert nach B. L. Whorf, Language, thought and reality. Selected writings by Benjamin Lee Whorf, ed. by John B. Carroll, Cambridge, MA. The MIT Press. 1956, p. 212).

Satzbedeutung (sentence meaning). Die Bedeutung eines Satzes auf der Ebene der Ausdrucksbedeutung.

Satztyp (sentence type). Jeder Satz ist von einem bestimmten grammatischen Typ, zum Beispiel deklarativ, interrogativ oder imperativ. Der Satztyp leistet einen Beitrag zur Gesamtbedeutung des Satzes; er gehört nicht zur deskriptiven Satzbedeutung (Proposition), sondern stellt eine eigene Bedeutungsdimension dar.

Schimpfwort (swear word). Wort mit deskriptiver und zusätzlich mit pejorativer expressiver Bedeutung, Beispiel: Depp, Weichei.

Schnittstelle (interface). In Theorien der Sprache das Instrumentarium, das zwei Ebenen der Beschreibung verbindet, zum Beispiel Äußerungsbedeutung und Ausdrucksbedeutung, Ausdrucksbedeutung und kommunikativen Sinn, Syntax und Semantik, Syntax und Pragmatik usw.

Selektionsbeschränkungen (selectional restrictions). Die logischen Bedingungen, die die Bedeutung eines Prädikatsausdrucks an seine Argumente stellt, zum Beispiel dass Argumente wie Agens, Patiens, Experiencer oder Rezipient belebt sind. Selektionsbeschränkungen sind Präsuppositionen des betreffenden Prädikatsausdrucks.

Sem (seme). Ein binäres semantisches Merkmal, das sprachlich motiviert und primitiv ist, aber nicht notwendig allgemein. Seme entsprechen spezifischen distinktiven Eigenschaften, die nur bei einer begrenzten Anzahl von Wörtern relevant sind, zum Beispiel des Merkmal [±gegen Geld] bei bestimmten Verben des Besitzwechsels.

Semantik (semantics). Die linguistische Semantik ist die Wissenschaft von der Bedeutung lexikalischer oder komplexer sprachlicher Ausdrücke für sich genommen. Ihr Gegenstand umfasst auch die Schnittstellen zwischen Ausdrucksbedeutung einerseits und Äußerungsbedeutung und kommunikativem Sinn andererseits.

semantische Eindeutigkeit (semantic uniqueness). Eindeutigkeit der Referenz einer definiten NP, die sich allein aus ihrer Ausdrucksbedeutung ergibt, ohne zusätzliche Informationen aus dem Äußerungskontext. Zum Beispiel sind Eigennamen und Personalpronomen semantisch eindeutig, ebenso wie Individualbegriffe mit bestimmtem Artikel wie die Erde. Gegensatz: pragmatische Eindeutigkeit.

semantische Irregularität (semantic irregularity). Ein Satz ist semantisch irregulär, wenn zwischen Teilen des Satzes semantische Konflikte bestehen, zum Beispiel, weil Selektionsbeschränkungen verletzt sind.

semantische Kategorie (semantic category). Kognitive Kategorie, die durch ein semantisches Konzept definiert ist. Denotationen von Inhaltswörtern sind semantische Kategorien.

semantisches Konzept (semantic concept). Ein Konzept, das die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks ist. Nicht nur lexikalische Bedeutungen, sondern auch die kompositionalen Bedeutungen komplexer Ausdrücke und Propositionen sind semantische Konzepte.

semantisches Primitiv (semantic prime). Nicht weiter zerlegbare Bedeutungskomponente (siehe Dekomposition). Wierzbickas NSM-Ansatz (Natural Semantic Metalanguage) fordert für semantische Primitive Undefinierbarkeit und Universalität; eine Bedeutungskomponente ist undefinierbar in Wierzbickas Sinne, wenn sie nicht durch andere Primitive ausgedrückt werden kann; sie ist universell, wenn sie in allen Sprachen vorliegt.

semantisches Wissen (semantic knowledge). Wissen über die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke, insbesondere über lexikalische Bedeutungen. Semantisches Wissen ist abstrakter und weniger veränderlich als kulturelles Wissen.

Semelfaktiv (semelfactive) soviel wie einfacher Geschehnisausdruck.

Situationsstruktur (situation structure). Die begriffliche Struktur einer Situation, wie sie ein Verb oder eine VP beschreibt. Die Situationsstruktur kann Komponenten wie Anfangsbedingung, Prozess, Kulmination und Resultatsbedingung haben. Aspektuelle Klassen von Verben sind durch die Zusammensetzung ihrer Situationsstruktur definiert.

skalares Adjektiv (scalar adjective). Adjektiv, das sich auf eine Skala bezieht wie Größe (groß, klein), Länge (lang, kurz), Temperatur (warm, kalt, heiß, kühl) usw.; skalare Adjektive können mit sehr modifiziert werden und im Komparativ (kleiner, weniger, besser) und Superlativ (kleinst-, wenigst-, best- ) verwendet werden.

Skopus (scope). Der Anwendungs- und Geltungsbereich eines Operators bzw. einer Operation in einem Satz, zum Beispiel Negation und Quantifikation.

sortales Nomen, sortaler Begriff (sortal noun). Ein sortales Nomen ist weder relational noch inhärent eindeutig. Die meisten Nomen sind sortale Nomen. Beispiele: Katze, Stein, Fahrrad, Wasser.

soziale Bedeutung (social meaning). Eine Dimension der Bedeutung. Ein Ausdruck oder eine grammatische Form hat genau dann soziale Bedeutung, wenn er dem Ausdruck sozialer Beziehungen oder dem Vollzug sozialer Handlungen dient und seine Verwendung spezifischen Regeln für die Handhabung sozialer Interaktion unterliegt. Beispiele für Ausdrücke mit sozialer Bedeutung: förmliche oder formlose Personalpronomen wie Sie und du; Floskeln wie Vielen Dank, Tschüss, Entschuldigung; Adverbien wie bitte.

Sprechakttheorie (speech act theory). Eine Theorie der Kommunikation, die sprachliche Äußerungen als soziale Handlungen betrachtet, die sozialen Regeln und Bedingungen folgen; begründet durch John L. Austin (1911-1960), und weiter entwickelt durch John R. Searle.

Stamm (stem). Unveränderlicher Teil eines Wortes, an den bei Flexion und Derivation Affixe angefügt werden können.

Stelligkeit (arity). Anzahl der Argumente eines Prädikatsausdrucks. Bei Verben wird das referenzielle Argument nicht mitgezählt.

Strukturalismus (structuralism). Eine sehr einflussreiche allgemeine Sprachtheorie, die auf den Schweizer Linguisten Ferdinand des Saussure (1857-1913) zurückgeht. Nach dem Strukturalismus ist jede Sprache ein komplexes System von Zeichen (mit Form und Bedeutung), die zueinander in syntagmatischen und paradigmatischen Beziehungen stehen. Die Bedeutung eines Zeichens ist die Gesamtheit seiner Beziehungen zu den anderen Zeichen im System.

Subjekt (subject). Eine NP, die durch die Linkingregeln einer Sprache als privilegiertes Verbkomplement ausgezeichnet ist. Im Deutschen ist das Subjekt im Nominativ und dadurch ausgezeichnet, dass das finite Verb mit ihm in Person und Numerus kongruiert.

Subjunktion (subjunction). Eine logische Verknüpfung in der Aussagen- und Prädikatenlogik, notiert als →. Eine Aussage der Form A→B ist genau dann wahr, wenn B wahr und/oder A falsch ist.

Subkategorie (subcategory). Teilmenge einer anderen Kategorie. Zum Beispiel ist die Denotation eines Unterbegriffs (Fahrrad) eine Subkategorie der Denotation eines Oberbegriffs (Fahrzeug).

Synonymie (synonymy). Eine Bedeutungsbeziehung: Zwei Ausdrücke sind genau dann (total) synonym, wenn sie einschließlich aller Bedeutungsvarianten jund Bedeutungsdimensionen dieselbe Bedeutung haben, zum Beispiel Vetter und Cousin, Sonnabend und Samstag. Zwei Ausdrücke sind partiell synonym, wenn sie eine oder mehrere Bedeutungsvarianten gemeinsam haben. Beispiele: Wagen und Auto, Platte und Schallplatte, Klo und Toilette.

Syntagma (syntagm). Ein strukturalistischer Grundbegriff: die regelkonforme Zusammensetzung von sprachlichen Einheiten zu einem Komplex, zum Beispiel: Zusammensetzung von Lauten zu einer Silbe oder von Wörtern zu einer Phrase.

syntagmatische Beziehung (syntagmatic relation). Ein strukturalistischer Grundbegriff: Beziehung zwischen den Bestandteilen eines Syntagmas; zum Beispiel die Beziehung zwischen einem attributiven Adjektiv und dem Nomen oder die Beziehung zwischen einem Verb und seinen Komplementen.

syntagmatische Eigenschaft (syntagmatic property), auch kombinatorische Eigenschaft (combinatorial property). Ein strukturalistischer Grundbegriff: Eigenschaft einer sprachlichen Einheit, die relevant dafür ist, wie diese Einheit mit anderen zu einem Syntagma kombiniert werden kann, zum Beispiel auf der syntaktischen Ebene die Argumentstruktur eines Verbs, oder auf der semantischen Ebene seine Selektionsbeschränkungen.

Syntaxregeln (formation rules). Regeln für die Bildung komplexer Ausdrücke. In der Montague-Grammatik: Die Syntaxregeln einer Montague-Grammatik für ein Fragment sind die Regeln für die Bildung komplexer Ausdrücke. Allgemein besagt eine Syntaxregel, dass eine bestimmte syntaktische Operation, in der Regel die Konkatenation, auf Ausdrücke bestimmter syntaktischer Kategorien angewandt werden kann und einen Ausdruck einer festgelegten Kategorie ergibt. Zum Beispiel könnte eine Syntaxregel besagen, dass ein Ausdruck der Kategorie Determinierer mit einem Ausdruck der Kategorie Nomen verkettet werden kann und dass das Ergebnis der Kategorie NP angehört. In einer Montague-Grammatik gibt es zu jeder Syntaxregel eine entsprechende Übersetzungsregel, die die zugehörige Kompositionsregel umsetzt. Das bedeutet, dass alle nach derselben Syntaxregel gebildeten Ausdrücke nach derselben Kompositionsregel interpretiert werden.

Taxonomie (taxonomy). Ein Typ von Wortfeld. Eine Menge von Ausdrücken bildet genau dann eine Taxonomie, wenn (i) sie eine Begriffshierarchie von Hyponymen bildet (ii) jedes Hyponym eine Unterart seines Hyperonyms bezeichnet. Beispiele: Ausdrücke für Fahrzeuge, für Pflanzen, für Tiere, auf unterschiedlichen Ebenen der Allgemeinheit wie Pflanze, Baum, Buche, Rotbuche; siehe auch Basisebene.

Telizität (telicity). Eine semantische Eigenschaft von Verben und VPs, die sich auf die Situationsstruktur bezieht. Ein Verb oder eine VP ist telisch, wenn seine Bedeutung eine Resultatsbedingung festlegt. Danach sind einfache Wechselausdrücke (einschließlich Achievementausdrücken) und Accomplishmentausdrücke telisch, während Zustands-, Prozess- und einfache Geschehnisausdrücke atelisch sind. Nach einer alternativen Definition ist eine VP telisch, wenn sie ein Kriterium für die Individuierung und damit die Zählung der ausgedrückten Situation festlegt. Nach dieser Definition sind dieselben Verbklassen telisch und atelisch, bis auf einfache Geschehnisverben, die als telisch betrachtet werden.

Tempus (tense). Eine grammatische Kategorie des finiten Verbs bzw. der VP, die die zeitliche Beziehung zwischen dem Tempusargument und der Äußerungszeit betrifft. Zu einzelnen Tempora siehe Präteritum, Non-Past, Präsens und Futur. Tempus ist deiktisch.

Tempusargument (tense argument). Eine Zeit oder ein Ereignis, das durch das Tempus relativ zur Äußerungszeit zeitlich eingeordnet wird. Bei perfektivem Aspekt ist das Tempusargument das Ereignis, auf das die VP referiert; bei imperfektivem, prospektivem oder Perfektaspekt ist das Tempusargument eine kontextuell gegebene Bezugszeit.

Tertium non datur siehe Polaritätsprinzip

Thema (theme). Eine thematische Rolle; wie Patiens, jedoch unbelebt. Beispiele: die Rolle, die das direkte Objekt von essen, schreiben oder kaufen angibt.

thematische Rolle (thematic role). Ein Argumenttyp von Verben, der in der Prädikation eine bestimmte Rolle innehat, zum Beispiel der Handelnde einer Handlung; siehe Agens, Patiens, Thema, Experiencer, Instrument, Rezipient.

top-down siehe bottom-up

transitives Verb (transitive verb). Verb mit einem Subjekt und einem direkten Objekt, zum Beispiel fangen, kaufen, verletzen, hören.

Übersetzungsbasis (translation base). Begriff aus der Montague-Grammatik, der zur Anwendung kommt, wenn die Ausdrücke des Fragments in eine formale Logiksprache übersetzt werden, um ihre Bedeutungen zu repräsentieren. Die Übersetzungsbasis definiert die Übersetzungen für die Basisausdrücke des Fragments.

Übersetzungsregel (translation rule). Begriff aus der Montague-Grammatik, der zur Anwendung kommt, wenn die Ausdrücke des Fragments in eine formale Logiksprache übersetzt werden, um ihre Bedeutungen zu repräsentieren. Die Übersetzungsregeln sind allgemeine Regeln, die festlegen, wie man die Übersetzung komplexer Ausdrücke bildet. In der Montague-Grammatik spielen die Übersetzungsregeln im Wesentlichen die Rolle von Kompositionsregeln.

Universalismus (universalism). Eine Position zum Verhältnis zwischen Sprache und Kognition. Nach der universalistischen Auffassung gründen alle Sprachen auf derselben genetisch gegebenen kognitiven Ausstattung des Menschen. Die Struktur jeder möglichen menschlichen Sprache ist eine Variante der angeborenen Universalgrammatik. Gegensätzliche Position: Relativismus.

Universum (universe), auch Redeuniversum (universe of discourse). In der modelltheoretischen Semantik die Menge aller Individuen: der Quantifikationsbereich von Existenz- und Allquantifikation und der Bereich der Argumente für alle Prädikats- und Funktionsausdrücke.

Unschärfe (fuzziness). Eine kognitive Kategorie ist unscharf (engl. fuzzy) bzw. hat unscharfe Grenzen, wenn es für sie keine klare Abgrenzung zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern gibt; zum Beispiel gehen die benachbarten Kategorien blau und grün ineinander über. Nach der Prototypentheorie können Kategorien generell unscharf sein; nach dem klassischen NHB-Modell ist Unschärfe ausgeschlossen.

Unteilbarkeitspräsupposition (presupposition of indivisibility), auch Homogenitätspräsupposition. Eine allgemeine Präsupposition, die mit jeder Prädikation verbunden ist: ‚Das Argument einer Prädikation ist in Bezug auf die Prädikation ungeteilt; wahr oder falsch ist eine Prädikation immer für ihr Argument als Ganzes.‘

Unterbegriff (subordinate) siehe logische Unterordnung

Vagheit (vagueness). Eine lexikalische Bedeutung ist vage, wenn sie eine flexible Anpassung an den Kontext erlaubt. Beispiele: klein, groß, Kind, Fehler, Vorteil.

Vendlerklasse (Vendler class). Ein älterer Ausdruck für aspektuelle Klasse, der diese Art der Klassifikation auf Zeno Vendler bezieht [Zeno Vendler (1957), Verbs and times. Philosophical Review 56:143-160]. Vendlers Klassifikation umfasste ursprünglich vier Klassen: Accomplishment-, Achievement-, Activity- und Zustandsausdrücke.

Verb (verb). Eine syntaktische Kategorie von Inhaltswörtern. Verben dienen primär dem Ausdruck von Ereignissen und Zuständen. Verben sind Prädikatsausdrücke unterschiedlicher Stelligkeit (vgl. intransitive, transitive, ditransitive Verben). Ereignisverben haben ein referenzielles Argument, mit dem sie auf das ausgedrückte Ereignis referieren. Die weiteren Argumente des Verbs bilden seine Argumentstruktur, in der seine Argumente als unterschiedliche thematische Rollen wie Agens, Thema usw. organisiert sind. Sie werden durch Komplemente des Verbs in Form von NPs (Subjekt oder Objekt), PPs oder Nebensätzen spezifiziert und durch die Regeln des Linkings auf das Verb bezogen. Für die Argumente des Verbs gelten Selektionsbeschränkungen, eine besondere Art von Präsuppositionen. Die Argumentstruktur des Verbs kann verändert werden, zum Beispiel durch Diathesen wie Passiv oder durch systematische Alternationen (siehe Levinklassen). Semantisch werden Verben in aspektuelle Klassen unterteilt, zum Beispiel in Accomplishment- oder Zustandsverben. Aspektuelle Klassen unterscheiden sich durch ihre Situationsstruktur. Verben bilden Verbalphrasen (VPs).

Verbalphrase, VP (verb phrase, VP). In Sprachen wie dem Deutschen besteht ein Satz in der Regel aus einer Subjekt-NP und einer VP, die eine Prädikation über den Referenten des Subjekts ausdrückt. Die VP besteht aus einem Verb und seinen Komplementen und Adjunkten mit Ausnahme des Subjekts, zum Beispiel Klaus (Subjekt) [isst den Salat mit Stäbchen] (VP). VPs mit finitem Verb tragen die grammatischen Kategorien Aspekt und Tempus; bedingt durch Kongruenz können sie auch Kategorien wie Person, Numerus oder Genus (z. B. Russisch) tragen.

Verbzwiebel (verbal onion). Modell der funktionalen Schichten finiter Verben. Verbstamm < Diathesen < Aspekt < Tempus.

Wahrheit (truth). Übereinstimmung von Satzaussagen und Prädikationen mit den Fakten im Äußerungskontext.

Wahrheitsbedingungen (truth conditions). Die Wahrheitsbedingungen eines Deklarativsatzes sind die allgemeinen Bedingungen, unter denen er wahr ist. Die Wahrheitsbedingungen setzen voraus, dass die Präsuppositionen des Satzes erfüllt sind.

wahrheitsfunktionale Bedeutung (truth-conditional meaning) soviel wie deskriptive Bedeutung. Zugrunde liegt der Ansatz, die deskriptive Bedeutung auf Wahrheitsbedingungen zu reduzieren (siehe Formale Semantik).

Wahrheitswert (truth value). Wenn ein Satz wahr bzw. falsch ist, sagt man, er hat den Wahrheitswert ‚wahr‘ bzw. den Wahrheitswert ‚falsch‘. In der Logik wird oft die Notation ‚1‘ für ‚wahr‘ und ‚0‘ für ‚falsch‘ verwendet.

Wahrheitswertlücke (truth-value gap). Das Fehlen eines Wahrheitswertes für einen Deklarativsatz in einem gegebenen Äußerungskontext, weil eine oder mehrere Präsuppositionen des Satzes nicht erfüllt sind.

Wertkompositum (value compound). Ein Typ von Kompositum: Der Modifizierer spezifiziert den Wert eines Attributs des Referenten des Kopfes. Beispiele: Plastiktüte – der Modifizierer Plastik spezifiziert den Wert des Attributs Material des Kopfreferenten als ‚Plastik‘; Staatsschule (Träger der Schule), Fahrzeug (Zweck des Geräts).

Wortart (part of speech) siehe syntaktische Kategorie

Wortbildung (word formation). Die Bildung neuer Wörter aus vorhandenen. Die wichtigsten Mechanismen sind Derivation, Konversion und Zusammensetzung.

Wortfeld (lexical field). Eine Menge von Lexemen, die die folgenden Bedingungen erfüllt: gleiche Wortart, gemeinsame Bedeutungsbestandteile und präzise definierbare Bedeutungsbeziehungen untereinander. Beispiele: die Menge der Zahlwörter, der Farbbezeichnungen, der Verwandtschaftsbegriffe; Taxonomien und Mereologien.

Wortstellung (word order). Die grammatische Reihenfolge der Hauptkonstituenten eines Satzes, zum Beispiel SOV (SubjektObjektVerb).

zählbares Nomen (count noun). Zählbare Nomen stellen ein Kriterium zur Individuierung ihrer potenziellen Referenten bereit. Zählbare Nomen können in der Regel im Singular und im Plural benutzt werden. Beispiel Katze, Tomate, Fehler, Bruder. Gleichzeitige Referenz auf mehrere Fälle erfordert den Plural. Gegensatz: Massennomen.

Zeichen (sign). Nach der Vorstellung des Strukturalismus sind alle sprachlichen Ausdrücke, vom Morphem an aufwärts bis zu vollständigen Sätzen, Zeichen. In einem Zeichen verbindet sich eine Form (zum Beispiel die Lautform oder die Schriftform) mit einem Inhalt, seiner Bedeutung; die Verbindung ist im Prinzip arbiträr.

Zeitbedarfsangabe (in-adverbial). Angabe zu einer VP, die besagt, wie lange ein Ereignis bis zu seiner Kulmination braucht, z. B. sie trank das Wasser in zwei Minuten aus, er erreichte das Ziel in einer halben Stunde. Zeitbedarfsangaben sind mit Accomplishment- und Achievementausdrücken möglich, weil nur sie ein Kulminationskriterium festlegen.

Zeitdauerangabe (for-adverbial). Angabe zu einer VP, die besagt, wie lange ein Ereignis andauert, z. B. sie übernachtete drei Tage bei ihrer Schwester, er joggte 20 Minuten lang. Zeitdauerangaben sind nur mit atelischen VPs möglich, d. h. mit Prozess- und Zustandsausdrücken.

Zeitdeixis (time deixis). Deixis, die sich auf die Äußerungszeit bezieht. Beispiele: Adverbien wie jetzt, gleich, eben, früher; gestern, heute, morgen; Tempus.

Zeitpunktangabe (at-adverbial). Angabe zu einer VP, die besagt, zu welchem Zeitpunkt ein Ereignis geschieht oder ein Zustand besteht, z. B. der Zug kommt um 13:40 Uhr an, um 7:45 Uhr war die Praxis noch geschlossen. Zeitpunktangaben sind nur mit Zustandsausdrücken und mit punktuellen Ereignisaussagen möglich, d. h. mit einfachen Geschehnisausdrücken und einfachen Wechselausdrücken.

Zitierform (citation form), auch Wörterbuchform. Grammatische Form, in der ein Lexem in Wörterbüchern zitiert wird, zum Beispiel Singular von Nomen, Infinitiv von Verben, Stammform von Adjektiven.

Zusammensetzung (compounding), auch Komposition, Zusammenstellung. Zusammensetzung zweier Wortstämme zu einem Kompositum. Zum Beispiel Tee N + Kanne N → Teekanne N, bitter A + süß A → bittersüß, roll- V + Mops N → Rollmops.

Zustandsausdruck (state term). Eine aspektuelle Klasse von Verben und VPs. Ein Zustandsausdruck beschreibt eine Situation als Bedingung zu einem gegebenen Zeitpunkt. Beispiele: wissen, wollen, gehören, sich befinden, aber auch Aussagen im imperfektiven (einschließlich progressiven), prospektiven oder Perfektaspekt. Zustandsausdrücke erlauben die Kombination mit Zeitdauerangaben und Zeitpunktangaben, aber weder das Progressiv noch Zeitbedarfsangaben.

 

 

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